Diskriminierung in Freiburg: Integration ins Nachtleben
Nach Berichten über ein „Club-Verbot“ für Flüchtlinge aufgrund vermehrter sexueller Übergriffe kündigt die Stadt Freiburg einen runden Tisch an.
Im Mittelpunkt der Diskussion steht ausgerechnet der alternative Club White Rabbit. Er verkündete schon am 13. Januar in einer dramatisch klingenden Mail, die der taz vorliegt: „Wir haben am Montag beschlossen, dass wir vorerst keine Menschen mehr in das White Rabbit reinlassen werden, die nur eine Aufenthaltsgestattung besitzen.“
Gemeint seien alle Flüchtlinge, deren Asylverfahren noch läuft und die keinen Pass und keinen Ausweis haben. „Dies war kein einfacher Schritt für uns, aber wir sehen momentan keinen anderen Weg, wie wir gewisse Probleme mit Geflüchteten in den Griff kriegen können.“
Die interne Mail ging an befreundete Gruppen wie die lokale Amnesty-International-Initiative und die Antifaschistische Linke. Eingeladen wurde zu einem Treffen am 20. Januar. Man fühle sich mit der Entscheidung „nicht richtig wohl“ und wolle sie mit anderen besprechen. Die Mail trug den Betreff: „Refugees welcome, assholes not“.
Als Begründung für die rigide Maßnahme wurde eine Reihe von Vorfällen aufgelistet: das „Eindringen in die geschlossenen Kabinen auf dem Frauen-WC und sexuelle Belästigung“, „sexuelle Belästigungen (von Anmache trotz Nein bis zu Griff in den weiblichen Intimbereich)“, „Verabreichung von K.-o.-Tropfen“, „Taschendiebstähle“, „Messerangriff auf einen unserer Türsteher“, „versuchte Vergewaltigung eines weiblichen Gastes in der Nähe des Bertoldsbrunnens“ (rund dreihundert Meter vom Club entfernt).
Dies alles führe dazu, „dass sich viele unserer weiblichen Besucher im White Rabbit nicht mehr wohlfühlen. Auch kommen viele Stammgäste nicht mehr.“ Als Reaktion kündigte White Rabbit die Einführung eines Clubausweises an, den auch alle Flüchtlinge bekommen können, nachdem sie über die Grundsätze des Clubs aufgeklärt wurden.
Einlasspolitik verschärft
Die in Freiburg erscheinende Badische Zeitung berichtete am Samstag über die White-Rabbit-Ankündigung und zählte auch eine Handvoll anderer Clubs auf, die über Probleme klagen und ihre Einlasspolitik verschärften. Das knüpfte an die Debatte nach den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht an, und der Bericht der Regionalzeitung sorgte bundesweit für Aufsehen.
Die Freiburger Polizei hat allerdings von einer Zunahme sexueller Nötigungen bisher nichts bemerkt. Ein Revierleiter warnte: „Wenn viele an der Tür abgewiesen werden, werden sie aggressiv, und das Problem verlagert sich auf die Straße.“ Und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband wies auf rechtliche Probleme hin: „Ein Club müsste, wenn er verklagt wird, vor Gericht beweisen, dass er nicht diskriminiert hat.“ Man verstehe aber die Zwangslage der Gastronomen, denen die Gäste wegbleiben.
Angekündigt wurde der runde Tisch der Stadt Freiburg nun nicht vom Grünen-OB Dieter Salomon, sondern vom Freiburger Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach (SPD). Auch er sieht Zutrittsverbote kritisch. „Eine solche Regelung verstößt gegen das Diskriminierungsverbot“, sagte er der Badischen Zeitung. Aus Berlin warnte der Grüne Volker Beck: „Ein Zutrittsverbot zu Diskotheken oder Clubs für Flüchtlinge ist klar rechtswidrig.“
Kritik an der Berichterstattung
Inzwischen haben sich auch die White-Rabbit-Betreiber gemeldet. Sie kritisieren die Berichterstattung der Badischen Zeitung als „reißerisch“. Ihre interne Mail sei nicht als Pressemitteilung gedacht gewesen.
Die geschilderten Vorfälle „passieren vermutlich wohl so in jeder Großraumdisko in Schland an jedem Wochenende, begangen von deutschen Mitbürgern“, heißt es auf dessen Facebook-Seite. Und: Das generelle Zutrittsverbot für Flüchtlinge mit Aufenthaltsgestattung sei schon seit Mittwoch nicht mehr in Kraft. Ziel des Clubs sei es, Flüchtlinge „ins Nachtleben zu integrieren“.
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