Discounter mit Siegel für Fleischloses: Aldi-Süd lockt Vegetarier
Ein V für Tierschützer: Die erste deutsche Supermarktkette führt das Label zur Kennzeichnung fleischloser Produkte ein.
BERLIN taz | Wurde der Apfelsaft mit Gelatine geklärt? Enthalten die Geschmacksverstärker in der Chipstüte Fleisch? Wurde der Käse mit Kälbermagenlab hergestellt? Für Vegetarier und Veganer kann der Gang durch den Supermarkt häufig sehr lange dauern. In etlichen Produkten verstecken sich tierische Bestandteile. Oft hilft es nicht, nur die Zutatenliste zu studieren, denn in Deutschland ist es nicht verpflichtend, Zutaten oder Zusatzstoffe tierischen Ursprungs zu kennzeichnen.
Aldi Süd will es Vegetariern nun einfacher machen. Der Disounter führt das sogenannte V-Label zur Kennzeichnung tierischer Produkte ein. Bisher findet man das Label bei Aldi Süd nur auf einer kleinen Anzahl von Produkten. In den nächsten Monaten sollen weitere Produkte aus den Bereichen Tiefkühlung, Fertiggerichte, Feinkost und Backwaren folgen. Das hat Aldi Süd mit dem Vegetarierbund Deutschland (Vebu) vereinbart.
Das fleischlose „V“-Siegel gibt es in ganz Europa, es wird vom Dachverband European Vegetarian Union vergeben. In Deutschland hat der Vebu die Lizenz zur Vergabe des Siegels. Die Unternehmen zahlen dafür ein Gebühr an den Verband. Derzeit gibt es bereits 250 Lizenznehmer, darunter Hersteller wie Frosta, Katjes, Valensina und Alpro Soya. Aldi Süd ist die erste Supermarktkette, die das Siegel für große Teile des Sortiments einführen möchte.
Mit 1830 Filialien in West- und Süddeutschland ist die Unternehmensgruppe der zweitgrößte Discounter in Deutschland. Die österreichische Aldi-Süd-Tochter Hofer arbeitet bereits seit einem Jahr mit dem „V“-Label. Laut VEBU wird inzwischen mit weiteren Einzelhandelsketten und Discountern über die Einführung der Kennzeichnung für vegetarische Produkte verhandelt.
Auch die Hersteller machen beim Trend zur „V“-Kennzeichnung mit. So der Chipsproduzent Funny-Frisch. Verbraucher können dann in Zukunft leicht erkennen, dass es sich bei der Chipssorte „Chipsfrisch ungarisch“ um kein vegetarisches Produkt handelt. Die Sorte „gesalzen“ hingegen ist sogar vegan.
Die Produkte werden beim „V“-Label entsprechend ihren Zutaten in vier Gruppen eingeteilt: vegetarisch, ohne Milch, ohne Ei und vegan. Die Hersteller müssen dem Vegetarierbund dazu die Zusammensetzung des Produktes sowie die verwendeten Zutaten und Hilfsstoffe bei der Verarbeitung offenlegen. Jede Änderung der Rezepturen und einzelner Zutaten wird geprüft. „Wir hinterfragen bei der Zertifizierung beispielsweise auch die Trägerstoffe von Aromen und Vitaminen“, sagt Ralf Schmidt vom VEBU.
Laut einer Studie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft von 2007, für die 20.000 Menschen befragt wurden, gibt es in Deutschland etwa 1,3 Millionen Vegetarier. Der VEBU dagegen geht von fast sieben Millionen Vegetariern in Deutschland aus. Veganer gibt es in Deutschland nach Schätzungen des Max Rubner-Instituts, einer bundeseigenen Verbraucherschutzforschungseinrichtung in Karlsruhe, etwa 80.000.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen