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Discounter Museum

Die Neue Nationalgalerie Arkaden oder Vom Ende der Shoppingmall

Das Potenzial der Potsdamer Platz Arkaden in einem anderen Bereich des Luxuskonsum

Überall auf der Welt, oder wenigstens in Braunschweig, werden wiederaufgebaute Schlösser mit Shoppingmalls gefüllt. Nur in Berlin glaubt man es besser zu wissen. Da gibt es jetzt das Humboldt Forum und jede Menge Ärger. Aber angeblich ist ja das Zeitalter der Shoppingmalls vorbei.

Die Diskussion mit den KollegInnen ergab nun freilich, dass niemand diesen Befund so recht bestätigen kann. Trotz Onlinehandel: Das Alexa soll voll sein. In den Potsdamer Platz Arkaden allerdings ist immer mehr Leerstand zu beobachten. Sie sind die älteste Shoppingmall im neu erbauten Nachwende-Berlin und leiden nun unter der jüngsten Errungenschaft dieses Genres, der Mall of Berlin am Leipziger Platz, die 2014 eröffnete. An deren Standort fand sich bekanntlich bis zu seiner Bombardierung im Zweiten Weltkrieg und seinem späteren Abriss das berühmte Kaufhaus Wertheim. Mit seiner Eröffnung 1897 wurden die Berliner mit internationalen Standards des Luxuskonsums bekannt.

Dergleichen lässt sich von der Mall of Berlin nicht sagen. Aber dafür haben die Potsdamer Platz Arkaden Potenzial. In einem zugegebenermaßen etwas anderen Bereich des Luxuskonsums. Denn interessanterweise liegen sie dem Komplex des Kulturforums am Potsdamer Platz mit Gemäldegalerie, Nationalgalerie, Kunstbibliothek und Kunstgewerbemuseum gegenüber. Und je mehr sie sich leeren, desto deutlicher tritt die Idee zutage, dass die Architekten Herzog & de Meuron am Kultur Forum gar keinen Discounter bauen müssen, damit dort die inzwischen als NG20 abgekürzte Neue Nationalgalerie – Museum des 20. Jahrhunderts einziehen kann. Den Discounter gibt es längst. Es sind die Potsdamer Platz Arkaden.

Was als der große Vorzug des siegreichen Entwurfs der Schweizer Architekten viel gelobt wurde, nämlich die Binnenstruktur mit den offenen Passagen als Raum zum Flanieren, besitzen die Arkaden längst. Man könnte sich dort den großartigsten Skulpturenparcours vorstellen mit Konstruktionen, die Hausgröße erreichen. Dazu sind die Läden mit ihren unterschiedlichen Größen genauso leicht in intime Kunstkabinette umzubauen wie in großartige Museumssäle. Für Museumscafés und Museumsshops gäbe es mehr als genug Platz.

Dazu dichtet der gerne Scheune genannte Entwurf von Herzog & de Meuron das Kultur Forum endgültig gegen die Potsdamer Straße ab. Sie bleibt Verkehrsschneise. Mit der über der Straße situierten Kunst des 20. Jahrhunderts entstünde die Herausforderung, den Raum vom Kultur Forum über die Straße hinweg zu Scharouns Staatsbibliothek und durch sie hindurch zur neuen Museumsmall zum Leben zu erwecken. Nichts wie hin in die Neue Nationalgalerie Arkaden. Brigitte Werneburg

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