Diplomatischer Eklat mit Israel: Netanjahu weist Gabriel den Weg
Israels Regierungschef verteidigt die Absage des Treffens mit Außenminister Gabriel. Dieser habe angesichts des Zeitpunktes instinktlos gehandelt.
Im Gespräch mit der Bild erklärte Netanjahu die Absage: „Mein Grundsatz ist ganz einfach: Ich empfange keine Diplomaten anderer Länder, die Israel besuchen und sich dabei mit Organisationen treffen, die unsere Soldaten Kriegsverbrecher nennen.“
Gabriel hatte am Dienstag an einer Diskussionsrunde mit Repräsentanten der Gruppen Breaking the Silence (Das Schweigen brechen) und Betselem teilgenommen. Beide kritisieren Israels Siedlungspolitik in den besetzten Palästinensergebieten. Gabriel sah hinter Netanjahus Entscheidung innenpolitische Motive. Die deutsch-israelischen Beziehungen galten schon vor dem Eklat als angespannt.
„Breaking the Silence ist keine Menschenrechtsorganisation. Ihr geht es darum, israelische Soldaten zu kriminalisieren“, sagte Netanjahu der Bild-Zeitung.
„Ich finde, es war äußerst instinktlos, zu diesem Zeitpunkt ein solches Treffen stattfinden zu lassen“, sagte Netanjahu mit Blick darauf, dass die Diskussionsrunde kurz nach dem Holocaust-Gedenktag in Israel stattfand. „An diesen Tagen trauern wir um die im Holocaust ermordeten Angehörigen unseres Volkes und um unsere gefallenen Soldaten.“
Gabriel habe zudem ein klärendes Gespräch nach dem Eklat verweigert. „Ich wollte Außenminister Gabriel anrufen, um meinen Standpunkt zu erläutern und die Sache zu bereinigen, aber er lehnte ein Telefonat ab.“
Das Auswärtige Amt widerspricht dieser Darstellung. Nach Angaben aus Gabriels Umfeld hatte Netanjahu bereits vor seiner Absage ein Telefonat statt eines Treffens angeboten, aber nur unter zwei Bedingung: Gabriel sollte an dem Treffen mit den regierungskritischen Friedensaktivisten nicht selbst teilnehmen, sondern einen Vertreter schicken. Außerdem sollte ein förmlicher Vertreter einer jüdischen Siedlung in den Palästinensergebieten an dem Treffen teilnehmen. Darauf wollte sich die deutsche Seite nicht einlassen. Die jüdischen Siedlungen in den palästinensischen Gebieten sind aus deutscher Sicht völkerrechtswidrig.
Netanjahu sagte: „Ich hoffe, dass sich Gabriel bei seinem nächsten Israel-Besuch mit mir trifft anstatt mit einer radikalen Randgruppe, die Israels Sicherheit untergräbt.“ Gleichzeitig betonte er, die Beziehung zwischen Israel und Deutschland sei „außerordentlich stark“ und werde es auch bleiben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei „eine wahre Freundin Israels“. Außerdem freue er sich auf den Besuch des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier in Israel. Merkel hatte sich in dem Eklat hinter Gabriel gestellt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“