Diplomatische Beziehungen: Taiwans Flagge in Somaliland
Die beiden nicht anerkannten Staaten knüpfen Beziehungen – zum Ärger von China und Somalia. Zwei Militärmächte kämpfen um Einfluss.
![die Aussenminister von Taiwan und Somaliland geben sich nach der Vertragsunterzeichnung die Hand die Aussenminister von Taiwan und Somaliland geben sich nach der Vertragsunterzeichnung die Hand](https://taz.de/picture/4324395/14/Taiwan_Somaliland_Beziehnungen-1.jpeg)
Es ist auf jeden Fall ein Moment, der andere ärgert. Offiziell gilt Somaliland als Teil Somalias und Taiwan als Teil Chinas. Die beiden Länder sind die prominentesten nicht international anerkannten Staaten der Welt und fühlen sich beide ungerecht behandelt.
Taiwan, das seit 1949 eine eigene Staatlichkeit hat, ist eine Demokratie und wirtschaftlich der Volksrepublik voraus; Somaliland, das sich 1991 unabhängig erklärte, ist der einzige Teil von Somalia, wo es einen funktionierenden Staat gibt und nie radikale Islamisten die Macht ergriffen.
Jahrzehntelang rivalisierten die Volksrepublik China und Taiwan in Afrika um diplomatische Anerkennung. Zuletzt hatte Taiwan das Rennen aufgegeben und wird nur noch vom kleinen Eswatini (ehemals Swaziland) im südlichen Afrika anerkannt. Aber gerade deshalb ist die Annäherung zwischen Somaliland und Taiwan ein historischer Wendepunkt.
Somaliland hat strategische Lage
Somaliland ist aus dem ehemaligen Britisch-Somaliland hervorgegangen, das nach Ende der Kolonialherrschaft 1960 freiwillig mit der südöstlich gelegenen italienischen Somalia-Kolonie zur Republik Somalia verschmolz. Als Somalia im Bürgerkrieg versank, gingen Rebellen im ehemaligen Somaliland ihre eigenen Wege und riefen einen eigenen Staat aus.
Aber dieser Schritt wurde von anderen Staaten nicht mitgetragen, und bis heute erkennt die Staatengemeinschaft, inklusive der Afrikanischen Union, ausschließlich Somalia an und erwartet von Somaliland, sich dem zu fügen.
Mit seiner strategischen Lage am Golf von Aden sowie dem Tiefseehafen Berbera und dem dazugehörigen Flughafen mit der längsten Landepiste des Kontinents ist Somaliland auch ohne diplomatischen Status interessant. Der Hafen Berbera wurde 2017 an DP World aus Dubai verpachtet, und die Arabischen Emirate haben seitdem massiv in Somaliland investiert – direkt gegenüber am Golf von Aden liegt das Bürgerkriegsland Jemen, wo die Emirate gemeinsam mit Saudi-Arabien gegen vom Iran unterstützte Rebellen kämpfen.
Direkt nebenan in Dschibuti – das ehemalige Französisch-Somaliland – befinden sich Militärbasen Frankreichs, der USA sowie der Volksrepublik China, samt Truppenpräsenz unter anderem aus Deutschland. Und Rest-Somalia mit der Hauptstadt Mogadischu hat sich in vergangenen Jahren stark der Türkei sowie Katar geöffnet. Das Horn von Afrika ist Bühne eines Wettlaufs von Militärmächten aus aller Welt um Einflusssphären.
Prowestliche Achse am Horn von Afrika
Vor diesem Hintergrund ist der Vorstoß Taiwans nach Somaliland von übergeordneter Bedeutung. Bereits Anfang Juli vereinbart, folgt sein Vollzug direkt auf die Aufnahme von Beziehungen zwischen Israel und den Arabischen Emiraten – was eine bisher so nicht sichtbare prowestliche Achse am Horn von Afrika in Erscheinung treten lässt. Chinas Regierung in Peking hatte zuvor gemeinsam mit Somalias Regierung in Mogadischu vergeblich versucht, Somalilands Regierung von ihrem Taiwan-Kurs abzubringen.
Die regierungsfreundliche Jerusalem Post in Israel widmete Somaliland am Montag eine ausführliche Analyse mit dem Titel „Warum Israel sich um Somaliland kümmern sollte“ mit der Schlussfolgerung: „Da geopolitische Veränderungen in der Region Israel, die Arabischen Emirate, Griechenland, Zypern und Ägypten in einem engeren Netzwerk gemeinsamer Interessen zusammenführen, könnte Somaliland für diese Ländergruppe wichtig werden. Denn es hat Extremismus ferngehalten und spielt auch eine wichtige Rolle am Horn von Afrika gegenüber von Jemen.“
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