Digital Natives auf der Straße: "Der Schüler-ID den Todesstoß"
Zur Datenschutzdemo am Wochenende rufen auch Schüler-Bündnisse auf. Die haben die "Schüler-ID" im Blick - vielen geht es aber auch um die Vision einer freieren Schule.
Genau wie die Erwachsenen setzen sich auch Schüler für den Datenschutz und "gegen die steigende Überwachung aller Bürger an Öffentlichen Plätzen" ein. Besonders im Blick der jungen Generation ist die so genannte "Schüler-ID". Deswegen werden sie am kommenden Samstag bei der Demo "Freiheit statt Angst" mitmarschieren.
Auf der Demo-Unterstützerliste dabei sind der Berliner Schulstreik, der Landesschülerinnenausschuss, die herrschaftskritische Gruppe "Bildung statt Schule – Klassenkampf Süd-West" (KKSW) von der FU Berlin und das Schülerstreikkomitee/Bonner Jugendbewegung.
Zahlreiche persönliche Daten sollen nach dem Willen von Bildungspolitikern erhoben werden, um sie in eine zentrale Datei einzuspeisen. Die Schülerdatei soll unter anderem vor Doppelanmeldungen schützen und Schulschwänzer erfassen. "Wir sind ja nicht komplett dagegen, dass Daten erhoben werden," sagt Vito Dabisch vom LandesschülerInnenausschuss, "wir finden es ja auch wichtig, Lehrer nach ihren Fähigkeiten an bestimmte Schulen zu verteilen." Das Problem sei, dass die Daten personalisiert erhoben und in einer zentralen Datei gespeichert werden. "Das wollen wir nicht," sagt Dabisch.
Die Demo "Freiheit statt Angst" startet am 12. September um 15 Uhr am Potsdamer Platz in Berlin. Über 150 Organisationen und Gruppen aus unterschiedlichen Spektren unterstützen den Protest.
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Auf taz.de läuft am 12.9. ab 14 Uhr ein LIVE-Ticker zur Demonstration.
In mehreren Bundesländern wurde über die umstrittene Durchleuchtungsmaßnahme diskutiert – auf Grund von Protesten ist sie in Bayern und NRW erst einmal auf Eis gelegt. In Berlin dagegen ist ein Gesetz zur Einrichtung der "Automatisierten Schülerdatei" im Februar 2009 verabschiedet worden – die Umsetzung läuft. Probeweise wird sie im gerade gestarteten Schuljahr 09/10 an 96 Projektschulen ausprobiert. Auch Vito Dabischs Schule, die Albert-Einstein-Oberschule in Berlin, gehört dazu. Jedoch "bekommen die Schüler fast gar nichts davon mit, denn die Datei wurde nur in der SV oder auch mal selten im Politikunterricht besprochen," erzählt er.
Allerdings geht es den Jugendlichen nicht nur um die Schüler-ID. Die Schülergruppe KKSW bekräftigt noch einmal die Forderung nach einer freieren Schule: Unter anderem wollen sie mehr individuelle Förderung, die Gleichberechtigung aller LehrerInnen und SchülerInnen und vor allem "die Abschaffung des Leistungsdrucks". Der zeige sich, so KKSW, "in Kopf-Noten, Probehalbjahr oder auch im Sitzenbleiben". Der Berliner Schulstreik ruft zur Teilnahme am "antikapitalistischen Antirepressions-Block" auf.
Das Demo-Orga-Team unterstützt die Forderungen der Schüler: "Man kann Bildungsprobleme nicht dadurch lösen, dass man Menschen eine Nummer verpasst," sagt Padeluun vom Datenschutzverein FoeBuD. "Ich hoffe, dass wir dazu beitragen können, der Schüler-ID den Todesstoß zu versetzen." Auch Constanze Kurz ist beeindruckt: "Es ist bemerkenswert, wie viele Schülerorganisationen dieses Mal mitgemacht haben", sagte die Sprecherin des Chaos Computer Club am Donnerstag, "Das ist neu. Das hat es bisher auf keiner Anti-Überwachungsdemonstration gegeben."
Die Demonstration „Freiheit statt Angst“ startet am Sonnabend um 15 Uhr am Potsdamer Platz in Berlin. Die Organisatoren rechnen mit Teilnehmerzahlen „vielleicht sogar im Hundertausender-Bereich“.
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