Die Zukunft Venezuelas: Das Öl und die Macht liegen links
Die Konservativen wollen die Inflation bekämpfen und die Kaufkraft stärken. Ihre Gefahr für Maduro hängt von ihrer Mehrheit im Parlament ab.
Wie viele Stimmen in absoluten Zahlen jeweils an die Bündnisse von Opposition und Regierung gegangen sind, ist noch nicht bekannt – allerdings, dass immerhin 72 DirektkandidatInnen der Opposition eine Mehrheit der Stimmen errangen und nur 24 aus dem Regierungslager. Bei den über die Listen zu vergebenden Mandaten sieht es für die Chavistas nicht ganz so verheerend aus. Da konnte sie mindestens 22 Mandate erringen, die Opposition 27.
Offen ist, mit welcher Mehrheit die Opposition zum ersten Mal seit der Machtübernahme von Hugo Chávez im Jahr 1989 ein wichtiges Verfassungsorgan erobert haben. Nach den Zahlen vom Montag hatte das 21-Parteien-Bündnis MUD lediglich die einfache Mehrheit sicher. Mit ihren bisher 99 gewonnen Mandaten liegt sie unumkehrbar über der nötigen Anzahl von 87 Sitzen. Erreichen die Konservativen nur einen weiteren Sitz, hätten sie eine Drei-Fünftel-Mehrheit. Kommen sie am Ende sogar auf 111 Mandate, verfügten sie über eine Zwei-Drittel-Mehrheit.
Daumenschrauben für den Präsidenten
Je nachdem, welche dieser der drei Stufen die Opposition erklimmt, kann sie der Regierung unterschiedliche strenge Daumenschrauben anlegen. Reicht die einfache Mehrheit lediglich dazu aus, den Präsidenten zu piesacken, stünden ihr bei einer qualifizierten Mehrheit andere Möglichkeiten offen.
Schon mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit könnte sie verhindern, dass Nicolás Maduro die kommenden Jahre mit einem Vollmachtsgesetze regiert, mit denen der Präsident Entscheidungen in den Bereichen Wirtschaft und nationaler Sicherheit ohne das Parlament treffen kann. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit könnte sie die Bildung einer Verfassunggebenden Versammlung anschieben oder Änderungen an der bestehenden Verfassung beschließen. Zudem wäre es ihr möglich, den Obersten Gerichtshof neu zu besetzen.
Die Opposition hat als erste Schritte vor allem wirtschaftspolitische Maßnahmen angekündigt – gegen die galoppierende Inflation und für eine Stärkung der Kaufkraft. Ferner will sie die Rückführung der durch die durch die immense Korruption ins Ausland transferierten Vermögenswerte angehen. Die Konservativen wollen zudem eine Amnestie für die rund 70 politischen Gefangenen durchsetzen, darunter für den in einem umstrittenen Prozess zu 13 Jahren und neun Monaten Haft verurteilten Oppositionspolitiker Leopoldo Lopéz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern