Die Wochenvorschau: Eine tolle Zeit für gute Filme

Für kalte und graue Tage hilft der Blick zurück: Wie wäre es zum Beispiel mit „Die Legende von Paul und Paula?“

Nachgebaute Filmszene aus „Die Legende von Paul und Paula“ im Filmmuseum Potsdam Foto: dpa

Filme sehen: Das ist und bleibt in dieser unwirtlichen Jahreszeit das einzig Richtige. Und während man noch bangen muss, ob die diesjährige Berlinale wie anvisiert in Präsenz statt finden kann, lässt sich die Zeit des Wartens mit zwei großen Jubiläen überbrücken. An diesem Montag feiert die feministische Filmemacherin und Autorin Helke Sander ihren 85. Geburtstag, außerdem ist vor 25 Jahren der Regisseur Heiner Carow gestorben. Anlass genug, sich mithilfe diverser Streamingdienste oder eines Gangs in eine der letzten Videotheken dieser Stadt in Erinnerung zu rufen, was es mit diesen beiden auf sich hat.

Es ist seltsam, sich nach langer Zeit einmal wieder „Die Legende von Paul und Paula“ von Heiner Carow aus dem Jahr 1973 anzusehen. Zunächst wirken die Dialoge dieses erfolgreichsten in der DDR gedrehten Spielfilms aller Zeiten verstörend altbacken. Aber dann das Wunder: Nach und nach erschließt sich wieder der Zauber dieses Films. Spätestens beim berühmten Picknick des Liebespaars im blumengeschmückten Bett wird es deutlich. Nicht Pauls Zögern oder Paulas Lust, soziale Normen zu brechen, machen den Film so aufregend.

Das, was Carows Film bis heute ausmacht, ist vielmehr Winfried Glatzeder als Paul, seine befreiende Darstellung eines neuen, passiven Männertypus, der im vaterlosen Nachkriegsdeutschland entstanden ist. Ganz sicher hätten 1973 sowohl in der DDR als auch in der BRD viele männliche Schauspieler nur lächerlich gewirkt, wenn ihnen die weibliche Gespielin im Schlafzimmer einen Kranz aus gelben Sonnenblumen aufgesetzt hätte. Heiner Carow wurde in der DDR gefeiert, aber auch zensiert. Sein Kult-Film „Coming Out“ feierte am Tag des Mauerfalls im Berliner Filmtheater „International“ Premiere. Im wiedervereinten Deutschland bekam er filmisch kaum mehr einen Fuß auf den Boden.

Dass das Private politisch ist: Dies ist auch eines der ganz großen Themen der Filmemacherin Helke Sander. Klar, dass sie in Zeiten von MeToo und dem Kampf vieler Regisseurinnen für eine Quote für ihren Aktivismus gefeiert wird. Sander initiierte die Kinderladenbewegung, setzte sich gegen die Anti-Abtreibungsgesetze ein und gründete die erste feministische Filmzeitschrift. Fast noch interessanter aber ist, was sie mit ihren Filmen unternommen hat. Man braucht sich nur ihren kurzen dffb-Debütfilm „Subjektitüde“ anzusehen, in dem sie aus der Perspektive einer jungen Frau auf zwei Männer an einer Bushaltestelle blickt. Auch diese Männer wirken zunächst verletzlich – dann entwickelt sich der Film zu einem Kommentar zum Anliegen vieler Frauen heute, die sich für die strafrechtliche Verfolgung verbaler sexueller Belästigung stark machen. Happy Birthday, Helke Sander!

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