Die Wochenvorschau für Berlin: Gewohntes mit anderen Augen sehen
Draußen ist es nass und kalt: Mit unseren Tipps kann man sich entweder zu Hause einmuckeln oder, wenn es einen doch hinauszieht, ins Museum gehen.
Nun sind ja viele Berliner*innen wieder verstärkt in der Stadt unterwegs – und fürchten vielleicht gleichzeitig, dies angesichts steigender Coronazahlen bald wieder nicht mehr sein zu können. Und dabei sehen sie vieles, dem sie oft begegnet sind, womöglich mit weniger Selbstverständlichkeit. So sind auch in dieser Woche zufällig eine Menge Veranstaltungen interessant, in denen es um Dinge geht, an denen man oft vorbeifährt oder -geht, bei denen man aber nie nach den Geschichten dahinter gefragt hat.
Es geht gleich los am 9. November um 9.30 Uhr. Da nämlich eröffnet im Vorderasiatischen Museum mit einem Symposium, das auch online zu verfolgen ist, eine Sonderpräsentation mit dem funky Titel „Nebukadnezar im Sozialismus“. Es geht um die Rolle des Museums zu DDR-Zeiten. Wie wurde in der DDR zu Themen geforscht, die nun wirklich zu lange zurückliegen, als dass man sie vor irgendwelche ideologische Karren spannen könnte? Wie wurde das Ischtar-Tor, das heute eins der meist besuchten Ausstellungsstücke Berlins ist, damals vermittelt? Und mit welcher Haltung führte das Museum noch Ende der achtziger Jahre in Syrien Grabungen durch?
Kennen Sie dieses seltsame, ja witzige Gebäude mit vorgesetztem Glasbau an der Straße des 17. Juni, ganz in der Nähe des Ernst-Reuter-Platzes? Es handelt sich um das Mathematikgebäude der TU. Obwohl es erst Anfang der Achtziger fertig gestellt wurde und damit noch sehr jung ist, soll es demnächst unter Denkmalschutz gestellt werden. Wie viele Wissenschaftsgebäude in Berlin aus dieser Zeit, die teilweise bereits denkmalgeschützt sind, spricht auch dieses in seiner kühnen Transparenz und Leichtigkeit von einer Zeit, in der noch mehr als heute von der Demokratisierung der Hochschule die Rede war.
Der Mathematikbau der FU wurde von Architekturkritikern auch schon „Fun Palace der Mathematik“ genannt, er stammt von Inken und Hinrich Baller, und beide haben einmal gesagt, dass er niemals ohne die Studentenbewegung hätte entstehen können. Die Studierenden fühlen sich bis heute weniger verwaltet denn auf Augenhöhe angesprochen, den Auftraggebern waren dann später tatsächlich die Fenster zu groß, die Innengestaltung zu poppig.
Am 10. November ab 19 Uhr unterhält sich über all das Landeskonservator Christoph Rauhut mit Architektin Theresa Keilhacker, mit dem Kanzler der TU, Lars Oeverdieck, und anderen Fachleuten. Das Ganze wird auf Youtube übertragen.
Viele in dieser Stadt verbinden mit dem Berliner Stadtmuseum, auch Märkisches Museum genannt, noch immer schlecht beleuchtete Vitrinen voller verstaubter Objekte, die viel zu viel und damit eigentlich gar nichts erzählen. Dass dort seit Jahren ein ganz anderer Wind weht, zeigt nun wieder eine neue Ausstellung namens „Easy Rider Road Show“, die in Kooperation mit dem Museum für Subkulturen entstanden ist. Denn auch wenn in dieser Stadt zunehmend über den Ausbau der Radwege und die autofreie Stadt diskutiert wird: Über das Radfahren als Lebensstil, der in Berlin wie auf der ganzen Welt kultiviert wird, gerade jetzt, mit viel utopischem Potenzial, wird zu wenig nachgedacht. Gezeigt werden im Museum Fotografien internationaler Fotograf*innen, Eröffnung ist am Samstag.
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