Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Ein unbelehrbarer Verkehrsminister, bienenbegeisterte Bayern und Riesenflieger, die kein Schwein braucht. Außerdem: Trump natürlich.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergange-nen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Bruno Ganz ist tot, der Iffland–Ring wird nun vererbt.
Und was wird besser in dieser?
Till Schweiger total nervös.
Der Lungenfacharzt Dieter Köhler, der die Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide infrage gestellt hat, hat sich bei seinem Aufruf verrechnet und das gegenüber der taz auch eingeräumt. Verkehrsminister Scheuer bleibt aber standhaft: Der Aufruf habe einen „Impuls zur Debatte über die europäischen NOx-Grenzwerte gesetzt“, teilte Scheuers Sprecher mit. Wie faktenresistent darf ein Minister sein?
Den Aufruf hatten 107 von 3.800 angeschriebenen Lungenärzten unterschrieben, was immerhin zu der schönen Schlagzeile einlädt: „97 Prozent der Fachärzte können womöglich rechnen.“ Scheuer kann nicht mal rechnen lassen; seine 1.450 Bediensteten schlummern durch, bis die kleine „taz“ den Feinstaub vom Abakus pustet. Scheuers Zuständigkeit auch für „digitale Infrastruktur“ erheitert in diesem Licht – man darf gespannt sein, welche Zahlen das Haus für die Vergabe der 5G-Frequenzen bei der Tombola gewinnt. Die AfD hatte die Fehlerstudie zum Anlass für Antrag und Debatte im Bundestag genommen. Humoriger Titel „Vorfahrt für wissenschaftliche Erkenntnisse“. Es kann einen proeuropäisch stimmen, dass Zahlenmagier Scheuer von der EU-Kommission eingebremst werden wird.
Das Volksbegehren zum Schutz der Artenvielfalt in Bayern hat alle Beteiligungsrekorde gebrochen. Lag es am Motto „Rettet die Bienen“? Und hätte ein Volksbegehren „Rettet die Flüchtlingskinder im Mittelmeer“ auch Erfolg?
Leute! Das Bienen-Volksbegehren, so putzig es dahergemajat kommt, setzt doch auch einen Wumms gegen die Monokultur – nicht nur auf Äckern und Wiesen, sondern auch in unseren Debatten. Das Ding war doch allein schon geil, weil sich beim schlechtesten Willen kein Ausländer dafür verantwortlich machen ließ. („Stopp der Fremdbiene“). Saugen wir Honig von dem Erfolg, hier ein anderes Thema gesetzt zu sehen.
Airbus’ Riesenflieger A380 verabschiedet sich. Was rufen Sie ihm nach?
Einige Fluggesellschaften ließen Bars, Duty-free-Shops und Badezimmer einbauen. Mittelfristig müsste das technologisch auch am Boden, in Sozialwohnungen etwa, möglich sein.
„Guttenberg hat die Bundeswehr zerstört“, sagte Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe im Tagesspiegel. Müssen wir als Antimilitaristen nun unser Bild von dem betrügerischen CSU-Freiherrn korrigieren?
Rühe entwirft eine Bundeswehr als „stärkste Armee Europas“, und im Hintergrund wabert Wut auf die Aussetzung der Wehrpflicht unter dem Lügenbaron. Noch als Generalsekretärin hatte Kramp-Karrenbauer ein „soziales Pflichtjahr“ gefordert, das – wenn überhaupt – verfassungsrechtlich am ehesten über eine neuerliche Wehrpflicht zu machen wäre. In der Union herrscht da durchaus die „Das hat mir damals auch nicht geschadet, Junge“-Stimmung. Rühe zielt auf wesentlich mehr Personal und viel mehr Geld für die Armee. Und seine rhetorische Kunst beweist sich dabei in dem Satz „Trump ist mir egal“. Er sieht Deutschland als militärische Macht nicht wegen, sondern trotz Amerika. Und er zweifelt am Parlamentsvorbehalt der Bundeswehr. Kurz: Bundeswehr-untauglich gemustert. Kein schlechtes Resultat.
US-Präsident Trump hat den nationalen Notstand ausgerufen, um seine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen zu können. Ein cleverer Zug?
Trump reizt aus, wie viel Alleinherrschaft eine vermeintlich demokratische Verfasstheit hergibt.
Mit Artikel 13 der neuen EU-Urheberrechtsrichtlinien dürften Uploadfilter bei Plattformen wie YouTube flächendeckend werden. Ist das das Ende des Internets?
Uploadfilter sind automatisierte Zensur. Noch gemünzt auf Verwertungsrechte, doch technisch null Unterschied zu einem Sieb für missliebige Inhalte. Heißt erstens: Große Plattformen werden sich leisten können, Filter zu installieren und Inhalte zu sperren. Dann verdienen sie weniger Geld, müssen aber auch den Rechteinhabern nichts abgeben. Kleine Plattformen müssen das erst mal hinbekommen. Zweitens: Von Zitat über Satire und Remix bis Meme kreist die Axt, das Netz wird ärmer. Besser wäre, die Plattformen zu verpflichten, einen Erlösanteil an die Rechteinhaber auszuschütten. Ob die damit die Kreativen belohnen, stünde aus. Interessanter Aspekt für eine Reform, die Urheber angeblich besserstellen soll.
Und was machen die Borussen?
Bremens 41-jähriger Seniorenbeirat Claudio Pizarro hat schon wieder ein Tor geschossen. Ich plädiere für eine Seniorenquote pro Club, damit wir Älteren Identifikationsangebote finden.
Fragen: waam, lhi
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja