Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Die Bundeswehr gibt zu viel Geld für den Friseur aus, in Freiburg fehlen 44 Tonnen Schoki, und SPDlerinnen sind die ehrlicheren Genossen.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Keine Planungssicherheit für Talkshows – die Koalas kündigen Montag und Dienstag als „Reservetage“ an.
Und was wird besser in dieser?
Erster Februar, der die Schalttage vorne hat.
Die 24-Stunden-Warnstreiks der IG Metall scheinen die Industrie zu treffen – sind da jetzt ausnahmsweise mal die Arbeitnehmenden am Drücker?
Schöne Idee, mal kürzer zu treten, um die Eltern zu pflegen oder beim Neugeborenen zu sein. Irgendjemand muss ja mal ein paar Ideen raushauen, solange die Regierung noch überlegt, ob sie regieren soll. Schon jetzt erlauben Tarifverträge bei Metall und Elektro Arbeitszeiten von 30 bis 50 Stunden die Woche. Da sind 28 Stunden in Reichweite und das Politikum dabei ist eher der Lohnausgleich. Fragt sich der Boss: Warum soll ich Lohn zahlen für Arbeitszeit, die nicht geliefert wird? Tja, weil: Fachkräftemangel. Zum einen Fenster hinaus den Boom bejubeln, zum anderen hinaus „2 Prozent mehr Lohn und Ruhe da unten“ zu rufen: Das kommt nicht gut. Ja, die Gewerkschaft hat einen guten Moment abgepasst.
Für SPD-Vize Manuela Schwesig ist die von Union und SPD vereinbarte Regelung zum Familiennachzug ein „schmerzhafter Kompromiss“. Von einem Erfolg zu sprechen „wäre total übertrieben“. SPD-Chef Martin Schulz sieht genau das: einen großen Verhandlungserfolg. Sind Sozialdemokratinnen ehrlicher als ihre männlichen Genossen?
Gendergeländer taugt hier nix: Auch SPD-Innenexpertin Eva Högl feiert einen „großen Erfolg für die SPD in zwei Punkten“, deren Erklärung ungefähr eine taz-Sonderbeilage beanspruchen würde: Es ist halt sehr kompliziert. Der Familiennachzug ist ausgesetzt, bleibt nun bis zum Sommer ausgesetzt – es sei denn, man beansprucht die Härtefallregelung, die besteht und künftig großzügiger gefasst werden soll, wobei es in Summe nicht mehr als 1.000 Menschen im Monat und … puh … Pfleger, tupfen sie mir die Stirn, bitte.
Angenommen, die SPD wollte linken Wählern zeigen, dass sie zum Humanismus steht – und rechten Wählern, dass sie auch toll deckeln kann: Dann würden die hinterher Grün oder AfD wählen. So makaber der Vergleich sein mag: Die SPD winkt hier gerade die CSU-Obergrenze durch und führt ein Ablenkungsgemetzel an einem Nebenschauplatz. In diese Falle waren auch die Grünen schon bei Jamaika getappt und sind dann von der FDP begnadigt worden.
44 Tonnen Schokolade wurden in Freiburg gestohlen – ein vielversprechendes Spekulationsobjekt der organisierten Kriminalität?
Nachdem auch der Vanillepreis binnen weniger Jahre von 30 auf 500 Euro pro Kilo stieg, muss der gemeine Rauschgiftschieber sich schön blöd vorkommen. Schokolade wird im Hirn in Serotonin umgewandelt, „macht glücklich“, oder sagen wir mal: Grinst der Schulz nicht so verdächtig, wenn er irgendwelche Koalaspäßchen verkündet?
Jede Woche ein neuer Abgasskandal, jetzt der direkte Test von Abgasen an Affen und Menschen. Kann so eine Meldung inzwischen noch die Luft verpesten?
„Europäische Forschungsgemeinschaft für Umwelt und Gesundheit im Transportwesen“ – Respekt. Mit diesem „wording“ verkuschelten Daimler, VW, BMW und Bosch zehn Jahre lang die nun offenbarten Manipulationen. Okay, wir haben bisher ein Fake-News-Thema. Das Beispiel zeigt: Dahinter liegt ein kaum erkanntes Fake-Science-Universum.
Drei Bundestagsausschüsse sind es, deren Vorsitz sich die AfD sichern konnte. In den Abstimmungen zeigen Union, Grüne und SPD, wie die angekündigte harte Linie gegen rechts aussieht: Enthaltungen. Ist das die kämpferische Demokratie, von der nach der Wahl so viel geredet wurde?
Ist ja nicht gesungen, mit wem die Demokratie da kämpft. Mit sich – geht auch. Selbst wenn nur Machiavelli coachen würde, auf Zweckmäßigkeit hin, dann riete er, der AfD Gelegenheit zu geben, sich zu blamieren. Sei es, weil sie es nicht können – oder weil die Pöbelfundamentalisten schnell beschlipst und unterhakt mitschunkeln beim Parlamentsalltag. Wunder der Dekadenz: wie aus der Opfer- eine Speckrolle wird. Kann man erst mal so versuchen.
Der Bundesrechnungshof hat festgestellt, dass die Truppenfriseurstuben der Bundeswehr zu teuer sind. Als Ersatz soll der örtliche Friseursalon dienen. Ist das eine Public-private-Partnership, die Sie begrüßen?
Egal! Aber ich will die Filmrechte an der Untersuchung! Witzebene eins: Der Bund gibt eine halbe Million Euro im Jahr aus für 67 Friseurstuben, in denen irgendwas gesenst wird, was unterm Helm verschwindet. Witzebene zwei: Der Bundesrechnungshof untersucht und findet heraus, „die Haarpflege ist kein überraschendes Ereignis“ und „durch einen Friseurbesuch kommt es nicht zu einer dienstlichen Beeinträchtigung“. Diese Erkenntnisse gewannen die Prüfer bei „örtlichen Erhebungen an etlichen Standorten“. Kosten der Untersuchung hoffentlich noch ’ne halbe Million. Das alles unter einer Ministerin, die beispielgebend die Wiedervereinigung von Helm und Frisur vorlebt. „Fack you Frisör“ wird ein Blockbuster.
Und was machen die Borussen?
Das ist ein als Fußballklub getarnter Sprachkurs. Mitschibatschi oder so heißt der Neue, das Alte irgendwas mit Aubadings.
Fragen: ACS, AW
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