Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Spochtschornelismus bei Hofe, Schwanzvergleichsängste bei Pegida und fremdenfeindliche Tendenzen bei den Grünen.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Hat was von Klassenarbeit abgeben, wie die vatikanische Synode ihr Abschlussdokument dem Papst einreichen.
Und was wird in dieser besser?
Sitzenbleiben?
VW bescheißt bei Abgaswerten, die WM 2006 soll gekauft gewesen sein, und der Holocaust war laut Netanjahu nicht Hitlers Idee, sondern ein guter Rat des damaligen Großmufti von Jerusalem. Kennen Sie sich noch aus?
Spannend, ob die Deutschen mehr beleidigt wären, wenn Hitler gar nicht VW erfunden hätte. Im Übrigen verbieten sich alle Witzkombinationen aus Hitler, Holocaust, Abgas, Weltmeister und VW von selbst und führen stringent zu der Frage: Habt ihr nicht was Harmloseres da, etwa Fußball oder so?
Bei einer Pressekonferenz gibt DFB-Präsident Niersbach bekannt: „Bei der WM-Vergabe 2006 ist alles mit rechten Dingen zugegangen.“ Was denn nun?
Ich möchte an dieser Stelle meine Freude zum Ausdruck bringen, dass es dem Spiegel gelungen ist, in die eskalierende Hysterie um die „Flüchtlingskrise“ zu grätschen mit einem Thema, das nun wirklich nationale Grundwerte berührt. Pikant: nur Kicker und Sportbild machten diese Woche mit anderen Themen auf: Mal BVB-Trainer Tuchel, mal Nochbayer Guardiola.
Was man als Indiz lesen darf, dass sie sich Titel über erfolgreiche Flüchtlinge im deutschen Fußball nicht getraut haben. Und dass es im hiesigen Spochtschornelismus je näher, desto unkritischer zugeht. Viele Journalisten, auch in den rechteführenden Sendern, schätzen ihre Karrieremöglichkeiten ganz realistisch nach dem Stand ihres Ansehens bei Hofe ein. Entweder, der Spiegel erlegt die ganze Bande – oder er bekommt nächstes Mal die Bundesligarechte.
Erst haut Akif Pirinçci mit seinem KZ-Gelaber so sehr auf die Kacke, dass selbst Lutz Bachmann sich entschuldigt. Jetzt heult er rum, weil seine Katzenbücher aus dem Programm genommen werden. Ist dem noch zu helfen?
Da muss man sich arg aufs Helfersyndom schlagen, um nicht bei ebendieser Frage zu landen. Vieles an Pegida mutet sacht gestört bis geradeaus psychopathisch an. Was da an Neid, Eifersucht, Schwanzvergleichsängsten und Selbsthassprojektion im Kreis läuft, verführt den wohlmeinenden Betrachter zum „helfen wollen“. Doch: Das soll hier eine Demokratie werden, keine Therapiegruppe. Dazu wäre auch intrinsische Motivation Voraussetzung, die hier gänzlich fehlt. Also – noch rufen sie nicht „Heil mich“, auch wenn das grammatikalisch keine Überraschung wäre.
Pirinçcis Egodurchfall wird weiterhin bei Manuscriptum vertrieben, also beim Verlag des Manufactum-Gründers Thomas Hoof. Da die beiden Unternehmen getrennt agieren, erspart es uns Pirinçci-Traktate mit dem sinnigen Aufkleber „Es gibt sie noch, die guten Dinge“. Und den Grünen die unangenehme Frage, welchem Güllefass ihr dunnemals Landesgeschäftsführer Hoof da vorsteht.
Das BKA warnt vor schweren Gewalttaten aus dem rechten Spektrum. Als Ziel nennt es Politiker oder Betreiber von Flüchtlingsunterkünften. Guten Morgen, BKA?
Nein, das BKA hat vor wenigen Monaten noch die „islamistische Gefahr“ als größte Bedrohung der inneren Sicherheit herausgestellt; und natürlich recht behalten: Allein seine Warnungen vor bombenden Salafisten haben ja schon erheblich zu der Stimmung beigetragen, vor der es jetzt warnen muss.
Tübingens Grüner OB schließt sich in der Flüchtlingskrise als Warner vor Überforderung den Konservativen an. Der slowenische Philosoph Slavoj Žiž ek lobt Merkels Politik. Warum ist plötzlich alles seitenverkehrt?
Rechnerisch könnte Merkel zum Koalitionspartner Grüne wechseln und weitermachen. Auch, um dort fremdenfeindliche Tendenzen einzuebnen.
Um die Flüchtlingskrise in den Griff zu bekommen, scheint die EU auf die Türkei angewiesen zu sein. Visaerleichterungen, EU-Beitritt, hätten wir das alles nicht viel früher haben können?
Schon zu Dienstbeginn wäre Erdoğanein bedingt kompatibler Partner gewesen – nun jedoch ist seine Türkei für einen EU-Beitritt komplett ungeeignet.
Und was machen die Borussen?
Der Dortmunder Verein „Train of hope“ sucht winterfeste Kleidung, Schuhe, Hygieneartikel und Gesellschaftsspiele für die Flüchtlinge in der Zeltstadt und auf Containerschiffen. Gerade auch mit Blick auf die geforderte Vermittlung von Grundwerten unserer Gesellschaft habe ich meine BVB-Schals und einen BVB-Waschlappen hinzugelegt.
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