Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Die VW-Krise ist Lobbykratie, Orbán und Seehofer sind Hooligans, und Flüchtlinge nehmen wir nur noch aus eigener Herstellung.

Horst Seehofer und Victor Orban

Zwei Hooligans in Anzügen haben Spaß. Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Einen Tag nach Mathearbeiten hatte ich alles vergessen, was drin vorkam.

Was wird besser in dieser?

Man nennt so was künftig ein „VW-Abitur“.

VW hat systematisch die Abgaswerte seiner Autos manipuliert. Bitte helfen Sie uns: Wo ist die Nachricht?

Hier, im Handschuhfach: Miesepetrige Ökos und staatliche Vorschriftenfundis wollen dem Autofahrer die Freude an Tempo, Leistung, Schwanzverlängerung nehmen. Doch aus tief empfundener Menschenliebe hat VW eine Wolf-im-Schafspelz-Technologie verbaut, mit der man die freudlose Auspuffstasi in den Schlaf meditiert – um im Zündschlüsselumdrehen wieder ein ganzer Kerl zu sein.

Meine Herren! Für Porsche, Lamborghini und Rasemati wäre der Skandal ein Glücksfall; ein genialer Image-Streich. Der Vorgang ist nicht verblüffender als die Praxis, da langsam zu fahren, wo man von einer Radarfalle weiß. Die Herausforderung für Volkswagen besteht nun darin, genau diese Werbebotschaft subkutan an den Kunden zu bringen: „Geiler, als die Polizei erlaubt“. Und dabei noch irgendwie Familienauto zu bleiben und, natürlich, höllische Strafzahlungen zu leisten.

Aber! Verkehrsminister Dobrindt will davon erst „aus der Zeitung erfahren“ haben. Wir dachten immer, sein Ministerium sei eine VW-Außenstelle.

Keine Namenswitze. Also etwa, dass der CSU in langjährigen Versuchen die Kreuzung von Dobermann und Rindvieh gelungen ist. Matthias Wissmann, einer seiner Vorgänger, ist Automobilverbandspräsident. Exkanzleramtsminister von Klaeden ist Cheflobbyist von Daimler. Die Affäre ist wenn, dann ein Beispiel für Lobbykratie. Offenbar haben diese Politiker zu Amtszeiten nichts getan, was gut bezahlter Prostitution entgegenspräche aus Sicht der Industrie.

Grenzschutz-Kapitän Orbán geht bei Panzerkreuzer Seehofer an Deck: Wo ist die Küstenwache?

Kein Zweifel an Orbáns Rang und Schande als aktueller Chefparia der EU. Von Schießbefehl und Schnellgericht bis zur schlichten Geiselnahme an Flüchtlingen. Und an Seehofers Skrupellosigkeit im Geltungsdrang. Achtung, Trick: Minus mal minus ergibt plus. Erstens markieren die beiden politischen Hooligans, dass es höchste Zeit für die Besonnenen ist, europäisch zu handeln. Zweitens hat es was von einer Countryversion des Klassikers „CSU-Chef Strauß besorgt DDR-Bonze Honecker einen Milliardenkredit“.

Die Bundesregierung will, dass Albanien, Montenegro und das Kosovo zu „sicheren Herkunftsländern“ deklariert werden. Dabei ist im Kosovo die Bundeswehr stationiert. Oder machen die Soldaten da Asyltourismus?

Vielleicht wird da schon das neue Konzept der deutschen Flüchtlingspolitik sichtbar: Wir nehmen nur noch Flüchtlinge aus eigener Herstellung. Immerhin sind unter den Top-10- Herkunftsländern fünf, in denen die Bundeswehr an Kampfhandlungen beteiligt war.

Der Papst setzt sich bei seinem Kuba- und USA-Besuch für Klimaschutz ein und fordert die Abschaffung der Todesstrafe. Ob der wohl noch mal einreisen darf?

Beispiel Polen: Erst kommt der Papst, dann die EU, dann die Nato. Das wird ein Spaß, wenn über Havanna das blaue Tuch Europas weht. Einem Gottesmenschen muss es egal sein, wenn er beim gottgefälligen Wirken politisch instrumentalisiert wird. Franziskus immerhin belohnt sich für den Job mit ein paar klaren Worten in Washington.

Lewandowski schießt gegen Wolfsburg fünf Tore in neun Minuten, Griechenlands stellvertretender Infrastrukturminister Dimitris Kammenos von der rechtspopulistischen Anel tritt nach nur 12 Stunden Amtszeit wieder zurück. Wie behalten Sie in dieser hektischen Welt den Überblick?

Raab, Jauch, Klopp, Favre, Varoufakis, Kammenos – die Jahresrückblicke werden uns 2015 als „Jahr der Rücktrittbremse“ summieren. Lewandowski passt insoweit dazu, als dass man die unappetitliche Begegnung zweier unsympathischer Clubs nunmehr nachweislich auch in knapp 9 Minuten abschließen kann.

Und was machen die Borussen?

Klopp zu Bayern? Das wird immer wieder mal – zuletzt von Kapitän Mats Hummels – geraunt. Klar, Klopp passt null zur Tabellenjunta aus München, doch es bringt zwei interessante Fragen mit sich: Können die Dortmunder plötzlich Psycho? Und: Ist es sprachlich korrekt zu sagen „Das fänden viele in Dortmunder scheiße, aber noch mehr in München noch scheißer?“

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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