Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Das cynische C in CDU, Assads vieldeutige Wahrheit, nuttige Bundesligaclubs und die „Ewigkeitskosten“ der Atomkraftwerke.

Iris Berben spielt Angela Merkel.

Hatte Veronica Ferres keine Zeit? Iris Berben im Merkel-Film „Die Eisläuferin“. Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: BVB spielt noch, Griechenland wählt noch.

Was wird besser in dieser?

Europaweite Siegesfeiern.

Seehofer sagt über Merkels Grenzöffnung: „Das war ein Fehler … Ich sehe keine Möglichkeit, den Stöpsel wieder auf die Flasche zu kriegen.“ Sollte man ihm mal sagen, dass Flüchtlinge Menschen sind?

Da Merkels Politik stets auch ihr eigenes Gegenteil enthält, ist Seehofer sportlich gefordert, die Chefin rechtzeitig anzugreifen, bevor sie das rhetorische Standbein wechselt. Eben zeigte Merkel ihr „freundliches Gesicht“, bis ein Palästinensermädchen weinte. Nun spielen CDU und CSU wieder den Klassiker: Wer für Flüchtlinge ist, wählt Union, wer dagegen ist – auch. Ohne das taktische Geschick Merkels zu überhöhen: In der schwächsten Stunde von AfD verbündet sie sich mit dem humanen Mainstream, und Hotte kommt mit der Schmuggelware beim Rest rum. Am Ende ist die Union gestärkt, wozu – bleibt unklar. Spiegel Online: „Da spricht … die mitfühlende Pastorentochter aus der Uckermark, die sich noch genau daran erinnert, warum ihre Partei das C im Namen trägt.“ Cynisch.

Gleichzeitig soll das Asylrecht weiter verschärft werden. War der „Germany“-Jubel also doch nur Show?

Es war ja nun nicht die Schüler-Union, die an den Hauptbahnhöfen Willkommen feierte. Zudem taten wir Medien einiges dazu: Vorher generalbassten wir „Das geht schief“, hinterher „Das geht nicht lange gut“. Sigmar Gabriels Pegida-Besuch bleibt seltsam unvollständig ohne eine Parallelveranstaltung bei Flüchtlingshelfern, wo er den goldenen Satz recyclen sollte: „Wir müssen die Sorgen und Nöte dieser Menschen ernst nehmen.“

Kai Diekmann rückt den FC St. Pauli in AfD-Nähe, weil der nicht bei Bilds „Wir helfen!“-Kampagne mitmachen will. Was sagen Sie dazu?

Wie nuttig auch immer man das gehorsame Mittun vieler Bundesligaclubs empfinden mag – Bild kann es schlimmer. Auf der Höhe der „Lügenpresse“- Stammelei zu Jahresanfang präsentierte Diekmann trotzig eine „Was wollt ihr denn, wir haben doch schon immer Ausländer kritisiert“-Seite. Mit vielen instruktiven Belegen, Zitaten, Ausrissen. Allein dies Selbstzeugnis Springers müsste es Fußballmanagern schwer machen, mit einem Organ zu kooperieren, dessen eifrigste Leser im Stadion Sicherheitsrisiken darstellen. Ohne die BuLi kann Bild einpacken, das ist eine andere Liga als irgendwelche Bundespräsidenten.

Er sei bereit, den IS zusammen mit den syrischen Rebellen zu bekämpfen, sagt Diktator Assad. Heisenbergsche Unschärferelation?

Trefflich! Ort und Impuls, also Richtung Assad, sind nicht bestimmbar. Die Unschärferelation handelt in ihrer volkstümlichen Version auch von dem Messinstrument, das selbst alles durcheinanderbringt und letztlich nur seine eigenen Effekte misst. Vulgo: Assad sagt dem Westen dies, Putin jenes, China noch was anderes und dabei geht das Morden weiter. Nachdem Obama sich über Widerstände hinweg mit Putin verständigte, um das iranische Atomprogramm zu beenden, liegt immerhin ein Modell für Syrien vor, das auf Assad keine Rücksicht mehr zu nehmen bräuchte.

Ein „Stresstest“ ergab, dass die großen Stromversorger möglicherweise nicht genug Rücklagen für den Atomausstieg gebildet haben. Können wir den Atommüll nicht einfach denen geben, die ihn brauchen: den Nordkoreanern?

Die vier großen Stromer haben 39 Milliarden zur Seite gelegt, um AKWs abzureißen. Fehlt Geld für die „Endlagerung“. Ja nun, was es nicht gibt, muss man auch nicht bezahlen. Im Kohlebergbau nennt man das ehrlicher „Ewigkeitskosten“ und verschiebt die über Konzern und Stiftung letzten Endes an die Steuerzahler. Vielleicht wäre es ein kluger Move des Wirtschaftsministers, den eingeführten Begriff „Ewigkeitskosten“ auch für das AKW-Vermächtnis zu setzen. Auf Koreanisch, klar.

Iris Berben spielt in „Die Eisläuferin“ eine Angela Merkel mit Gedächtnisverlust. Wo war denn Veronica Ferres?

Versuchen Sie mal, das Drehbuch zu verstehen! Scheint sich um eine Art Best-of anderer Filme zu handeln, „Und täglich grüßt der Murmel-Lenin“ oder so. Ferres bereitet sich vermutlich gerade auf eine Christian-Wulff-Verfilmung vor, in der sie Carsten Maschmeyer spielt.

Und was machen die Borussen?

Nachdem was Tuchel an Mkhitaryan und Ginter vollbracht hat, hoffen viele, er werde sich als nächstes der SPD, „Stadlshow“ und der griechischen Außenhandelsbilanz annehmen.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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