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Die WocheWie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Der Urheber ist nicht der Urheber, die beste Strafe ist ein Testbild, der Kolumnist versucht sich in Bestechung.

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Hertha entlässt nach nur fünf vergeigten Spielen den Trainer.

Was wird besser in dieser?

Bild: taz
Friedrich Küppersbusch

ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.

Wulff kritisiert Hertha.

In Syrien mordet das Assad-Regime immer grausamer. Deutschland weist als Reaktion syrische Diplomaten aus. Juckt das den Diktator in Damaskus?

Westerwelle hat nach dem Solo in Libyen die Chance, sich nicht immer zu entschuldigen, wenn er aus Versehen etwas richtig macht. In Syrien gibt es ein halbes Dutzend Oppositionen, mit Russland, China, USA, Israel, Europa, Iran und der Arabischen Liga mindestens so viele involvierte Mächte. Hier erkennt man Deppen an einer schnellen, klaren Lösung. Assad ist darin eine austauschbare Größe, Spione rausschmeißen ist okay.

Michail Gorbatschow hat sich in einer Rede vor russischen Studenten von Wladimir Putin distanziert. Putin habe sein Potenzial erschöpft, so Gorbatschow. Beschreibt er nur einen Wunsch oder die Wirklichkeit?

Genau, beides. Gorbatschow war ein exzellenter Insolvenzverwalter, doch auch ein lausiger Firmengründer. Putin hat sein demokratisches Potenzial erschöpft, womöglich war das nicht so sehr viel Arbeit. Sein tyrannisches Potenzial hingegen erblüht gerade zu voller Pracht. Gorbatschow gilt seinen Landsleuten nicht als Gegenentwurf, er steht für Destabilisierung.

Das Urheberrechtsabkommen ACTA treibt Menschen auf die Straße. Am Samstag wurde europaweit gegen das Abkommen demonstriert. Haben Sie verstanden, warum?

Weil es kein Urheber-, sondern ein Verwertungsrechtsabkommen ist. Ein Beispiel: Die Süddeutsche Zeitung druckte Interviews und Texte über Produktionen meiner Firma. Wir stellten es - stolz, na klar - auf unsere Homepage. Eine Anwaltskanzlei mahnt uns ab, und wir zahlen der Süddeutschen jedes Mal 500 Euro für Content, der auf unserer Urheberei beruht. Anderes Beispiel: Der Westdeutsche Rundfunk hat im großen Verlegerbeschwichtigen der WAZ-Gruppe seine Archive geöffnet. Ergebnis : Wenn ich einen alten Beitrag von mir herzeigte, kann mich sowohl die Westdeutsche Allgemeine Zeitung wie auch der WDR verklagen; der Einzige, der definitiv keine Rechte an seinem Werk hat, bin ich - der Urheber. ACTA verstärkt die Macht der Vermarkter gegen Verbraucher und Urheber entscheidend weiter; es ist ein Selbstmordversuch für ideengetriebene Volkswirtschaften. Der Furor vieler Piraten, bei der Gelegenheit das Urheberrecht gleich mit abzuräumen, macht es schwer mitzudemonstrieren.

Die Profiradler Alberto Contador und Jan Ullrich bekommen vom Internationalen Sportgerichthof CAS ihre Erfolge der Tour de France aberkannt. Wie nimmt man jemandem bereits gefeierte Siege? Schulden die beiden dem CAS jetzt Champagner und Siegerküsschen?

Ja, ARD und ZDF lassen diesen Sommer drei Wochen lang am Nachmittag die Mazzen der Ulletour 97 rückwärts laufen. Von Ziel bis Start. Nach einer Woche rechne ich mit Massendemonstrationen für das Testbild. Das wäre die gerechte Strafe für all diejenigen, die an den armen Irren verdient haben.

Bundespräsident Christian Wulff hat sich 2007 vom Filmproduzenten David Groenewold auf Sylt einen Hotelaufenthalt spendieren lassen. Groenewold versuchte danach die Spuren des Trips zu verwischen. So ganz allgemein: Wie schlau sind Filmproduzenten?

Unglaublich schlau und grundsympathisch. Braucht jemand bei der taz ein Mobiltelefon?

Angela Merkel lobt die Transparenz des Bundespräsidenten. Wen oder was sollte die Kanzlerin noch loben?

Sie hat den schwächsten Koalitionspartner und den schwächsten Präsidenten, den je ein Bundeskanzler genießen konnte. An Jogi Löws Stelle würde ich mir Sorgen machen. Es läuft auf ein Finale Merkel - Jauch raus.

Am Freitag stieg das Finale der umjubelten Castingshow "The Voice of Germany". "The Voice" wollte anders sein - vor allem als Dieter Bohlen: Respekt statt Niedertracht, Talent statt großes Drama. Gelungen?

Tut mir leid: Die Stümpershows hatten bei mir allen Kredit verspielt, bevor mit "The Voice" etwas kam, was ich vielleicht doch hätte gucken sollen.

Und was machen die Borussen?

Trainer Klopp wütet bei Delling gegen "euch vom Fernsehen", weil seine Mannschaft im Pokal auf einer Eispiste antreten musste. Dabei ist er wieder als lustige Marketingmumie verkleidet und bekommt von der Agentur für jede Sekunde und Großaufnahme seiner Merchandising-Garderobe Geld. Das war nah an der Grenze zum richtig Unsympathischwerden.

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Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
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9 Kommentare

 / 
  • P
    Peter

    Ich finde es wichtig, daß noch stärker auf den Unterschied zwischen Urheberrecht und Verwertungsrecht aufmerksam gemacht wird.

    Es ist allerdings gängige Praxis, daß wenn man einen Artikel abliefert, der dann in einer Zeitschrift oder einem Buch gedruckt wird, daß man dann das "Copyright" an den Verlag abtritt. Will man dann später seinen Artikel oder Teile davon andersweitig nutzen, dann muß man von diesem Verlag die Erlaubnis einholen. Nach meiner Erfahrung funktioniert das in der Regel reibungslos, zumindest auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Literatur.

  • I
    Ingo

    @Mirko:

     

    "Programmierer werden jeden Monat fest bezahlt, Authoren fuer ihre Anschlaege..."

     

    Das ist auschliesslich eine Frage des Vertrags. Fuer freiberufliche Softwareentwickler sind auch Werkvertraege nicht unueblich (es wird also auch fuer's Endergebnis, nicht fuer die Arbeitszeit bezahlt). Genauso gibt es sicher auch fest angestellte Autoren (vermutlich nicht von Romanen, aber definitiv von technischer Dokumentation, Marketingbroschueren etc.).

     

    "Davon einmal abgesehen, die GPL ist zwar toll fuer Software, aber faschistisch fuer Buecher unde Texte; meine Geschichten sind meine Kreation."

     

    Und meine Programme sind nicht meine Kreation? Ich persoenlich bin eher ein Fan freierer Lizenzen (MIT/BSD) fuer Opensource-Software. Aber letztlich steht es jedem Urheber frei, eine Lizenz zu waehlen.

     

    "Code ist halt keine Kunst, sonden Mathematik. Da liegt der Hund begraben. Software hat von daher auch nicht als Kultur betrachtet oder behandelt zu werden."

     

    "Code" hat mit Mathematik gewoehnlich relativ wenig zu tun. Was nun Kunst/Kultur ist und was nicht, ist eine muessige Diskussion. Selbst wenn man Softwareentwicklung als Ingenieurstaetigkeit sieht, bleibt es ein kreativer Prozess. Genau wie beim Schaffen von Kunst steht am Ende ein Ergebnis. Und genau wie bei Texten, Bildern, Musik oder Video liegt dieses digital vor und kann beliebig vervielfaeltigt werden. Warum also fuer Software und Kunst verschiedene Regeln gelten sollen, erschliesst sich mir nicht wirklich. In beiden Faellen hat der Schoepfer Arbeit investiert und kann fuer die Nutzung eine Gegenleistung fordern.

     

    Wie auch immer, das Urheberrecht gehoert ueberholt. Dass Rechte etwa erst Jahrzehnte nach dem Tod des Urhebers verfallen, ist schlichtweg Unfug und ein offensichtliches Ergebnis lobbygesteuerter Gesetzgebung. Ein Verfallen von Rechten nach einer vernuenftigen Zeit (10 Jahren?) nach der Veroeffentlichung finde ich deutlich angemessener.

     

    Die erlaubte Privatkopie, die die Piraten fordern, gibt es doch in Deutschland in eingeschraenkter Form laengst. Deshalb entfallen doch auf Drucker, externe Festplatten, CD-Brenner etc. entsprechende Abgaben. Nur wird diese eigentlich erlaubte Privatkopie durch andere Mechanismen illegalisiert. Etwa dadurch, dass ein Kopierschutz oder DRM eingesetzt wird und es nicht erlaubt ist, diese zu umgehen. Oder dadurch, dass man online erworbene Musik eben nicht erworben hat, sondern tatsaechlich nur einen Nutzungsvertrag abschliesst, der dies verbietet.

     

    Ob man nun so weit gehen sollte, solche freien privaten Kopien explizit zu foerdern, ist eine andere Frage. Ich kann es mir leisten, fuer Musik und Buecher zu zahlen und wuerde das auch weiterhin (und mit groesserem Wohlwollen) tun, wenn ich weniger gegaengelt wuerde. Und Leute, die es sich nicht leisten koennen, wuerden zumindest nicht mehr kriminalisiert.

  • AR
    Antoninus R.

    "Ulletour 97" ist ja wohl ein Codewort.

    Bin ich abgehängt vom alltäglichen taz- bzw. Küppi-Slang?

     

    Ich rekonstruiere mal:

    Ein Ullrich gewann 1997 die Tour de France.

  • R
    reni

    @Mirko:

     

    "Programmierer werden jeden Monat fest bezahlt, Authoren fuer ihre Anschlaege..."

     

    Selbständige Programmierer nicht. Angestellte Musiker (zb Orchester) werden jeden Monat fest bezahlt.

     

    "Davon einmal abgesehen, die GPL ist zwar toll fuer Software, aber faschistisch fuer Buecher unde Texte;

     

    faschistisch? In dem Zusammenhang? Inwiefern - durch Gleichschaltung? Davon ab, GPL ist nur eine von vielen Arten zu lizensieren, CreativeCommons ist besser auf Inhalte zugeschnitten.

     

    "meine Geschichten sind meine Kreation."

     

    Das stellt doch ausser den Vermarktern niemand in Frage. Oder wieso musst Du GEMA zahlen, wenn Du Deine eigenen Stücke aufführst?

     

    "Code ist halt keine Kunst, sonden Mathematik. Da liegt der Hund begraben. Software hat von daher auch nicht als Kultur betrachtet oder behandelt zu werden."

     

    Da sind die Grenzen fließend. Die Vertonung eines Werbevideos oder das Editieren einer Tickermeldung ist uU auch keine Kunst, sondern Handwerk. Andererseits waren die Schaffung komprimierter Audioformate oder die Grundlagen von Webseiten große kulturelle Beiträge. Diese Differenzierung bringt aber nicht viel. Wichtiger ist doch, dass *Du* von Deinem Werk etwas hast und der Rest der Menschheit es nutzen kann.

  • L
    LanaSeven

    Den ersten Kommentar finde ich großartig. DANKE !! Dieses ewige kritisieren der Piratenpartei geht einem langsam gehörig auf den Zeiger. Meines Erachtens sind das die Einzigen, denen ich in der Politik etwas zutrauen kann. Abgesehen von unseren Kabarettisten, die sich ebenfalls durch intelligente, lustige und zeitgemäße Ideen hervortun. Zynisch ist nicht gleich zynisch, Herr Küppersbusch. Alles schlecht machen ist jetzt das Letzte, was wir brauchen können.

  • M
    Mirko

    @reni:

     

    Programmierer werden jeden Monat fest bezahlt, Authoren fuer ihre Anschlaege...

     

    Davon einmal abgesehen, die GPL ist zwar toll fuer Software, aber faschistisch fuer Buecher unde Texte; meine Geschichten sind meine Kreation.

     

    Code ist halt keine Kunst, sonden Mathematik. Da liegt der Hund begraben. Software hat von daher auch nicht als Kultur betrachtet oder behandelt zu werden.

  • MS
    M Schneider

    Küppersbusch ist zumindest halb ahnungslos: Interviews und Texte, die auf den Informationen aus seiner Firma entstehen, sind natürlich das Werk desjenigen, der es dann zusammengeschrieben hat, der das Interview geführt hat, sofern der Schreiber nicht einfach eine Pressemitteilung 1-zu-1 abpinnt und veröffentlicht. Will Herr K. tatsächlich sagen, dass er der Urheber einer Kritik einer seiner Sendungen ist, weil er sie produziert hat mit seiner Firma? Das ist, pardon, ja wohl eine dämliche Argumentation! Wie das mit den alten Sendungen von ihm ist, mag eine andere Sache sein, wenn er als Moderator alle Rechte in seinem Vertrag hat abtreten müssen.

  • R
    reni

    Schade eigentlich. Schön die Strategie der Verwerter geoutet, von Urheberrecht zu reden, wenn sie Verwertungsrecht meinen. Aber es konnte ja nicht ohne Piratenbashing abgehen, das ist hier irgendwie hip.

     

    Ich kenne genügend Schreiberlinge, mit denen ich als Programmierer öfter zu tun habe. Wenn Software rechtemäßig genauso zubetoniert wäre wie andere kulturelle Inhalte, hätten die maximal ein Faxgerät + Kneipenblock, weil sie sich alles andere überhaupt nicht leisten könnten, inklusive Handy, Apps, Router, Rechner, MP3-Player, Mailer, usw, ihr wisst doch selber wieviel Software ihr nutzt. Und recherchieren nur noch a la LexisNexis oder Elsevier? Viel Spaß.

     

    Und warum sind dann Programmierer eher in der Lage, von ihrer Arbeit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, als Kunstschaffende? Vielleicht weil meistens keine Verwerter zwischen Autoren und Kundschaft hängen, die für die Autoren grad noch ein paar Krümel übriglassen? Es geht den Verwertern um Monopolisierung von Kultur, nicht um deren Förderung. Das ist der wichtigste Punkt.

     

    Davon ab gehört auch das Urheberrecht modernisiert, in einer Form, die Autoren und Nutzer zusammenbringt, das war noch nie so einfach wie heute. Von Abschaffen ist keine Rede.

  • M
    Mirko

    "Der Furor vieler Piraten, bei der Gelegenheit das Urheberrecht gleich mit abzuräumen, macht es schwer mitzudemonstrieren."

     

    Kein Wunder, das. Ich kenne genügend Programmierer, mit denen ich als Schreiberling öfters zu tun habe. Diese Leute haben die Einstellung, das alles Uhrheberrecht an Programmcode ausgelegt sein soll, insbesondere wie dieser hergestellt, entworfen, und danach weiterentwickelt wird. Was selbstredend Grober Unfug ist. Von Texten und Büchern und Musik, ja vom ganzen Autorenleben, haben diese Leute weder Ahnung, noch verständnis für.

     

    Hoffentlich scheitern ACTA und die Piraten zusammen. Nicht auszudenken, sollte eine dieser beiden Parteien gewinnen.