Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Ägyptens Präsident Mohammed Mursi bewirbt sich auf die vakante Stelle als netter Islamist von nebenan. Und was Jörg Haider mit Wladimir Putin verbindet.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Kein Sorgerecht für Väter ab der Geburt.
Und was wird besser in dieser?
Mütter und Brüderle entschuldigen sich.
Was hat der ägyptische Präsident Mohammed Mursi mitgenommen von seinem Besuch bei Angela Merkel letzte Woche?
Die Bewerbungsunterlagen für die vakante Stelle als netter Islamist von nebenan. Nach dem Arabischen Frühling muss man sich drauf einrichten, mit islamistischen Politikern zu reden. Mursi hat mit dem Schwurbelklassiker „aus dem Kontext gerissen“ seine antisemitischen Hasstiraden nicht wirklich dementiert. Merkel hat auf die tolle wirtschaftliche Zusammenarbeit abgehoben und den Tourismus. Er zeigt, dass er immerhin noch Auslandsreisen riskieren kann. Sie zeigt, wen man in Europa als Erstes besucht. Am Ende stehen Merkel und Mursi einträchtig auf dem Pressefoto. Darum ging’s.
Was machen Sie am 22. September?
Ich geh da definitiv wählen. Man muss auch mal unterhalb von Diktatur, Weltkrieg, Völkermord eine Idee über den Sinn dieser Veranstaltung entwickeln.
Wie geht es wohl „Stern“-Reporterin Laura Himmelreich?
Reingelegt! Das war Günter Wallraff. Respekt, Alter! Der Stern wirft noch ein Heft hinterher mit Hansi Hinternseher als Titel. Alice Schwarzer konnte noch mal ihre Konstruktion eines Tätergeschlechts feiern. In einer Woche, in der der Bundestag beschloss, Väter dürften sich neuerdings sogar wehren, wenn Mütter ihnen das Sorgerecht fürs Kind vorenthalten. Es war so eine Art 70er-Show, und immerhin hat es im Nachgang eine Menge Beiträge und Blogs gesetzt, die darüber diskutieren, ob man inzwischen über „Männer sind Schweine“ hinaus möchte. Danke, Wallraff.
Keine Kampftruppen in Mali: Die Bundesregierung will mit militärischen Konflikten am liebsten nichts zu haben. Geht das auf Dauer?
Das Grundgesetz sieht eine Armee zur Landesverteidigung vor. Oder Verteidigung in einem „Bündnis kollektiver Sicherheit“. Das – ein Angriff auf Deutschland, die Nato oder einen Nato-Staat – liegt bei keinem der aktuellen Einsätze vor. Die Bundeswehr operiert weit jenseits der Verfassung; das weiß de Maizière und macht es deshalb mal richtig falsch: Er möchte ein Okay des Bundestages zu Kriegseinsätzen, die nach seiner Deutung gar keine sind. Wenn sie Mut hätten, würden sie eine Verfassungsänderung hin zur Weltpolizeiarmee versuchen. Und – wenigstens bei einer Volksabstimmung – krachend scheitern.
Die Folgen von Stress und Überlastung im Job haben ein gewaltiges Ausmaß erreicht. 53 Millionen Krankheitstage sammeln deutsche Arbeitnehmer an. Brauchen wir ein Anti-Stress-Gesetz?
Hey? Kein Stress! Nachher werden die Politiker alle krank.
Nach jahrelangen Debatten wird die umstrittene Präimplantationsdiagnostik (PID) in Deutschland eingeführt. Endlich?
Wenn werdende Eltern künstlich erzeugter Kinder nun vorher prüfen dürfen, ob die bestellte Ware tipptopp fehlerlos geliefert wird – kann man das verstehen. Und allerdings Eltern mit herkömmlich gezeugten Kindern moralisch nicht mehr verwehren. Uns war bei einer Schwangerschaftsuntersuchung ein behinderter Embryo diagnostiziert worden, und zum Glück fand sich eine Betroffene, die diese Behinderung hatte und nicht zum Abbruch riet. Das Kind macht in zwei Jahren Abitur, die Diagnose war schlicht falsch, und wenn sie richtig gewesen wäre, hätte es auch nichts geholfen. Ich bin gegen diesen Quatsch und ich ahne, dass er trotzdem kommt.
In Russland soll Propaganda für Homosexualität unter Strafe gestellt werden. Aus Berlin hört man nichts dazu. Wie war das mit den Menschenrechten?
Wenn irgendjemand so klar mit homoerotischen Motiven spielt wie – sagen wir ma – Jörg Haider, dann isses Putin mit seinen Sport-Held-Nackt-Superkerl-Fotos.
Wie finden Sie Jürgen Klopps neue Frisur?
Noch zwei Titel und er sieht aus wie ich. Guter Mann.
Und was machen die Borussen?
Ich lese, dass ich bei Sport-Bild eine DVD mit den Bundesliga-Hits der 70er kaufen kann. Cool. Das haben die Öffentlich-Rechtlichen damals gefilmt, von meinem Gebührengeld. Im Grunde gehört mir das also eh. Doch die Öffentlich-Rechtlichen können es laut Gesetzeslage nicht herzeigen – während es Springer mir verkaufen darf. So funktioniert die Verlegerkampagne. Hat wenig mit dem BVB zu tun, nervt mich aber. FRAGEN: CAK, MBN
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