Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Wenn Musiker sich nicht mehr abgrenzen können, haben sie Politikerbesuch verdient, mit Handys wischt sich kein Bauarbeiter den Arsch ab, und Matjes fällt aus.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbuch: Irgendjemand hat eine Drohne auf Verteidigungsminister de Maizière angesetzt.
Was wird besser in dieser?
Ein Ministerium, das nicht mal de Maizière in den Griff kriegt, muss man auflösen.
Cem Özedmir verbietet in einem Facebook-Eintrag den Konservativen den Rock ’n’ Roll. Darf er das?
Ja, und Linke sollten keinen Wohlstand genießen, und Rechte müssen sich erklären, wenn sie noch keinen Migranten verhauen haben. Das Argument, wenn nicht Özedmirs Facebook-Praktikant einfach so einen rausgehauen hat, ist selbst ultrakonservativ, denn R’n’R mag vor 50 Jahren mal rebellisch und damit gefühlt links gewesen sein. Bei Schröder und den Scorpions hingegen wusste ich nicht mehr, wer mit wem bestraft wurde, nur: Es geschah beiden recht. Das stärkste Ferment von Popkultur ist ihre Kraft, sich abzugrenzen. Wer das nicht mehr schafft, hat Politikerbesuch verdient.
Springer stellte seine Paywall für die digitale Bild vor. Alle klatschen. Ist das jetzt endlich der Anfang vom Ende dieser schlimmen Umsonstkultur?
Tja, dagegen wird dann wohl nur noch helfen, wenn alle so eine Art Informationsfreiheitsabgabe bezahlen, die jedermann ein umfassendes journalistisches und kulturelles Angebot zugänglich macht. Wir könnten es „öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ nennen, auch wenn das vielen zu reißerisch erscheinen mag. Bild hat über Jahrzehnte penetriert, Journalismus müsse man nicht so ernst nehmen und Tittenfotos gingen auch ohne. Nun wollen sie für den besseren Inhalt Extrageld. Das wird spannend. Am Beispiel Fußball, der auch bei Bild das Bezahlgeschäft anschieben soll, haben vorher schon Telefonanbieter viel Geld verbrannt, um herauszufinden, dass sich Bauarbeiter nach dem Frühstück den Arsch nicht mit dem Handy abwischen. Premiere und Sky bleiben hinter Bezahlsendern anderswo zurück, weil sie im Vergleich weniger Inhalt für mehr Geld bieten als ARD und ZDF. Danke, Bild.
ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
In Eisenhüttenstadt hat sich erneut ein Asylbewerber umgebracht. „Tod oder Freiheit“ soll auf seinem Grabstein stehen. Warum interessieren diese Schicksale kaum einen?
Das Asylrecht wurde vor 20 Jahren von Kohls Regierung und Engholms SPD zerstäubt. Das muss man als „Partei Willy Brandts“ auch erst mal hinkriegen. Allerdings haben es sich alle anderen auch darin gemütlich gemacht: Die Schurkenparteien haben das Grundrecht geschleift, und wir sind klammheimlich froh, den Ärger los zu sein. Flüchtlingsrat und Pro Asyl kümmern sich trotzdem und kämpfen gegen „Dublin II“: Hier wurde deutsches Recht europäisiert – Kettenabschiebung bis ins Land, aus dem der Asylbewerber geflohen war. „Behaltet eure Probleme“ – bei Geld regt das neuerdings manche auf, bei Menschen weniger.
„Europa ist ein Sanierungsfall“, sagt Günther Oettinger. Warum findet sich niemand, der offensiv Werbung für das europäische Projekt macht?
Ja wie? Funktioniert das denn nicht mehr, dass man intuitiv Sympathien mit allem hegt, was Oetti scheiße findet? Wenn der das Projekt Europa doof findet, muss was Gutes dran sein.
Ein homosexueller US-Fußballer hat sein Comeback in der Profiliga gegeben. Wann passiert das in Deutschland?
Robby Rogers hat sich geoutet und sein Karriereende erklärt, er nahm volles Risiko und wurde dann zurückgeholt von LA Galaxy. Irgendwann wird es auch hier Clubs geben, die sich mehr Sympathien, letztlich mehr Geld und Fans erhoffen, wenn sie ein wenig bunter und glaubwürdiger werden. Immerhin hat der BVB den Bayern derzeit einen erheblichen Süßfindefaktor voraus.
Der Zensus hat ergeben: In Deutschland leben 1,5 Millionen Menschen weniger als gedacht. Wie füllen wir das Loch wieder auf?
Wie immer: Wir laden Migranten ein, und dann helfen uns die Migranten von früher, über die neuen herzufallen. Geografisch ist der völkische Gedanke in Deutschland so clever wie ein Schrebergarten auf einer Verkehrskreuzung. Dieses Land verdankt seine Menschen dem Umstand, dass so ziemlich jede Epoche ihre Völkerwanderungen mittendurch hatte. Historisch betrachtet, gibt es keine Nichtmigranten in Deutschland, und wir bleiben darauf angewiesen.
In Bremen wird am Mittwoch die bundesweite Matjessaison eröffnet. Currywurst?
Ja, denn Matjes wird es ja nicht geben: Wegen des schlechten Wetters verschiebt das niederländische Fischbüro die traditionelle erste Matjesauktion in Scheveningen und Bremen um 14 Tage.
Und was machen die Borussen?
Pause.
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