: Die Wasser-Milliarden sprudeln
■ Ende dieser Woche soll der Teilverkauf der Berliner Wasserbetriebe vollzogen werden. Langfristig drohen Verluste für den Haushalt. Opposition spricht von einem Skandal
Ob sie sagen wolle, welche finanziellen Risiken durch den Teilverkauf der Berliner Wasserbetriebe (BWB) auf das Land zukommen könnten, fragte ein Journalist gestern Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD). Antwort: „Einen Teufel werd' ich tun.“ Stattdessen verkündete Fugmann-Heesing den gestrigen Senatsbeschluss: Am Freitag wird der BWB-Verkauf trotz verfassungsrechtlicher Bedenken vollzogen. Dann fließt der Verkaufserlös in Höhe von 3,3 Milliarden Mark in die leeren Kassen der Stadt. Das private Konsortium um RWE/Vivendi wird 49,9 Prozent der BWB-Anteile erwerben.
Die haushaltspolitischen Folgen des Verkaufes sind noch unklar. In der vergangenen Woche hatte das Berliner Verfassungsgericht zwei Klauseln des Privatisierungsgesetzes für nichtig erklärt: die sogenannte Effizienzsteigerungs- und die Zinszuschlagsklausel. Dadurch geht den privaten Investoren ein gewisser Teil der bisher garantierten Rendite verloren, die über die Wassergebühren der Verbraucher erwirtschaftet werden sollte. Die Finanzsenatorin versicherte nun den Konzernen, sämtlichen Verpflichtungen aus dem Vertrag nachzukommen. Für den nun eingetretenen Fall, dass bestimmte Klauseln nicht verfassungskonform sind, hatte das Land nämlich den privaten Investoren 28 Jahre lang die geplante Rendite garantiert. Nun werde alles getan, „um etwaige Nachteile der Wasserbetriebe auf Grund der Nichtigkeitserklärung der Effizienssteigerungsklausel nicht entstehen zu lassen oder in vollem Umfang auszugleichen.“
Dazu gebe es ein dreistufiges Verfahren, erläuterte Fugmann-Heesing. Zunächst werde geprüft, ob nicht nachträglich eine verfassungskonforme Rendite-Regel ins Gesetz geschrieben werden könne, sagte die Finanzsenatorin. Sollte dies nicht gelingen, müssten weitere Gewinnsteigerungsmöglichkeiten des Unternehmens – etwa durch Ausweitung des BWB-Geschäfts – ins Auge gefasst werden. Sollte auch damit die Rendite nicht erwirtschaftet werden, könne das Land seine Gewinne abtreten beziehungsweise den Nachteil der Investoren aus dem Haushalt ausgleichen. Im schlimmsten Fall könnte das Land jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag verlieren.
Fugmann-Heesing ficht das nicht an. In nächster Zeit werde das Privatisierungsgesetz geändert, um verfassungskonforme Regelungen zu finden. Eine Novellierung der entsprechenden Bestimmungen werde dem neuen Abgeordnetenhaus vorgelegt. PDS-Fraktionschef Harald Wolf kritisierte dieses Vorgehen scharf. „Das ist eine Missachtung des Parlaments.“ Mit dem Verkauf würden Fakten geschaffen, die die Parlamentarier hinterher abzusegnen hätten. PDS und Grüne hatten gegen das Privatisierungsgesetz geklagt.
Wolf nannt den gestrigen Senatsbeschluss einen Skandal. Die Verträge zur BWB-Teilprivatisierung widersprächen eindeutig dem Urteil des Verfassungsgerichtes. Dies gelte insbesondere für das Letztentscheidungsrecht. Dieses müsse bei den Vertretern des Landes liegen – das sei aber in den Konsortialverträgen nicht ausreichend festgeschrieben. Wolf kündigte parlamentarische und rechtliche Konsequenzen an.
Richard Rother
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen