Die Wahrheit: „Imelda schaut monatlich rein“
Die Philippinen-Woche der Wahrheit: Ein ausführlicher Anruf bei „Grit Schmidt Schuhe“ in Herne-Wanne.
Diese Woche widmet sich die Wahrheit fast und gänzlich den Philippinen. Denn jener turbulente Archipel ist dieses Jahr Ehrengast der am Mittwoch beginnenden Frankfurter Buchmesse.
taz: Frau Schmidt, was niemand weiß, außer der Wahrheit: Die amtierende philippinische Ex-Präsidentengattin und amtierende Präsidentinnenmutter Imelda Romuáldez Marcos, Schuhgröße 96, nein, das ist ihr Alter, kauft seit 1965 ihr Schuhwerk bei Ihnen hier in Herne, Ortsteil Wanne.
Grit Schmidt: Ja, das stimmt. Die Stadt Herne in ihren heutigen Grenzen ist das Ergebnis mehrerer Gebietsreformen. Auch die ehemalige Großstadt Wanne-Eickel hat man 1975 mit Herne zusammengelegt. Imelda findet das bis heute, so wie ich, nicht in Ordnung.
Sie duzen sich?
Aber „oo“! Allerdings erst seit den Millenniumsfeiern zum Jahreswechsel 1999/2000. Seitdem spreche ich auch ein paar Worte Filipino, das basiert auf Tagalog. ‚Oo!‘ heißt: ja!
Interessant.
Oo! Damals hatte ich gleich nach Silvester eine schwere Angina, und Imelda vertrat mich für zwei Wochen im Schuhladen. Außer mittwochnachmittags, da macht „Grit Schmidt Schuhe“ Schließzeit. Bereits seit 1965.
Ach. Wem gehörte denn der Laden vorher?
Na, Uwe Collöchter. Beziehungsweise der Schuhladen gehörte ihm ja noch bis 1985, damals hieß er „Uwe Collöchter Schuhe“. Ich fing 1965 hier als Lehrling an, jetzt bin ich schon 79 und mach alles alleine, auch das Schaufenster.
Ohne KI?
Ja, gänzlich ohne KI. Wo waren wir stehen geblieben? Nun, also, Uwe Callöchter, der ist damals Mitte der Achtziger verstorben, und ich übernahm das Geschäft. Seitdem heißt es „Grit Schmidt Schuhe“. Eine echte Boutique. Imelda Marcos holte da bereits 20 Jahre Fußbekleidung bei uns ein. Manchmal sogar Schuhwerk mit drei Schuhen statt mit zwei.
Also kein Schuhduo, sondern ein Schuhtrio.
Ganz recht. „Grit“, sagt Imelda heute noch zu mir, und Imelda schaut monatlich hier in Herne-Wanne rein, „Grit, in diesen turbulenten Zeiten kann man nie wissen! Besser drei Schuhe in zwei Händen, als zwei Schuhe an je einem Fuß!“ Da hat sie recht. Verstehen Sie?
Oo.
Übrigens: „Hindi“ heißt „Nein“ auf Filipino.
Hindi? So wie die indoarische Amtssprache Hindi in Indien?
Sind Sie Journalistin oder ich? Recherchieren Sie gefälligst selbst!
Frau Schmidt, zurück nochmal zu Ihrer besten Kundin Imelda Marcos von den Philippinen, die alle ihrer abertausende Schuhe seit 1965, dem Jahr des damaligen Amtsantritts ihres Mannes Ferdinand, bei Ihnen hier in Herne-Wanne erwirbt.
Ja, Imelda war jetzt im September noch vor dem Oktoberfestanstich da und ist dann weiter mit dem IC-Salonwagen nach München zu Markus Söder. Im Dirndl mit Trachtenpumps.
Oo. Doch warum kauft Imelda Marcos ihre Schuhe nicht im hessischen Offenbach?
Das kann ich Ihnen genau sagen, warum nicht! Herne gehört mit seinen etwa 157.000 Einwohnern zu den kleineren deutschen Großstädten und ist nach Offenbach am Main die der Fläche nach zweitkleinste Großstadt Deutschlands.
Was hat das mit den Schuhen von Imelda Marcos zu tun?
Jetzt seien Sie doch nicht so ungeduldig am Hörer! In der allerkleinsten Großstadt Deutschlands, also Offenbach, kauft doch eine „Schmetterling aus Stahl“ genannte ewige Schönheitskönigin keine Fußbekleidung. Das geziemt sich nicht, hindi! Auch wenn Offenbach gemeinhin als das Schuh- und Leder-Mekka von Westdeutschland, also BRD, galt und gilt.
Merci der Info, Grit Schmidt – und weiterhin klingelnde Kasse!
Bitte, und ich soll Ihnen noch eine Losung von Imelda mit auf den Weg geben, jetzt, wo die taz ja bald unter der Woche nicht mehr druckt. Sie hat gesagt: „Ich glaube, die Wahrheit wird siegen. Die Wahrheit ist Gott, und wenn man auf der Seite der Wahrheit steht, wer kann gegen einen stehen?“
Danke für das Gespräch und Grüße nach Herne-Wanne!
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