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Die WahrheitDaumen drücken für England

Um Irland steht es nicht gut – zumindest was die Qualifikationsspiele im Vorfeld der Welt- und Europameisterschaft im Fußball angeht.

I rlands Fußballfans sind enttäuscht. Man hatte sich erfolgreich um die Austragung der Europameisterschaft 2028 beworben, damit man als Gastgeber endlich mal wieder an einem großen Turnier teilnehmen kann, doch nun macht der Verband einen Strich durch die Rechnung: Die Uefa hält nur zwei Plätze für die vier Co-Gastgeberländer – neben Irland sind das England, Schottland und Wales – bereit. Irland ist auf Platz 60 der Fifa-Weltrangliste das am schlechtesten platzierte der vier Länder. Man muss sich wohl wieder durch die lästige Qualifikationsrunde quälen, wo man traditionell versagt.

Bei der Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2026, die in den USA, Kanada und Mexiko stattfindet, sieht es auch nicht rosig aus. Vorigen Samstag quälte sich Irland in Dublin trotz langer Überzahl vor den Augen des ungarischen Premiers Viktor Orbán gegen Ungarn in letzter Sekunde zu einem 2:2. Da auch Portugal in der Gruppe mitmischt, scheint die Sache aussichtslos. Wenigstens müssen sich die irischen Fans dann nicht vor der US-Heimatschutzministerin Kristi Noem, genannt „ICE Barbie“, fürchten. US-Vizepräsident J. D. Vance hat die Fußballfans gewarnt, dass sie es mit ihr zu tun bekommen, wenn sie zu lange im Land bleiben.

Außerdem habe sich Vance laut dem Magazin 11 Freunde für eine Revolution der Regeln eingesetzt. Der Fußball soll sich nach US-amerikanischem Vorbild verändern. Erste Ideen: größere Tore, eine Verkleinerung der Spielfläche auf Basketballcourt-Maße und die Abschaffung aller Fouls.

Der Verband, die Fifa, ist immer offen für Vorschläge, die es ermöglichen, noch mehr Geld aus dem Sport herauszupressen. Der Plan, die Weltmeisterschaft alle zwei Jahre zu veranstalten, ist durch den Einspruch der nationalen Verbände verhindert worden. Man erwägt nun stattdessen, die Teilnehmerzahl auf 64 Länder auszuweiten. Dann könnte mehr als ein Viertel der Verbandsmitglieder teilnehmen. Die WM in Katar fand 2022 noch mit 32 Mannschaften statt, nächstes Jahr wird mit 48 Mannschaften gespielt. Die Anzahl der Spiele wird von 64 auf 104 steigen. Bei einer Weltmeisterschaft mit 64 Mannschaften würde die Zahl sogar auf 128 steigen.

Doch selbst dann wäre nicht gewährleistet, dass sich Irland qualifiziert. Deshalb hat der irische Verband den Antrag gestellt, die Zahl der teilnehmenden Länder auf 128 auszuweiten. Die nationalen Wettbewerbe müssten in diesem Fall etwas zügiger über die Bühne gehen, damit die Weltmeisterschaft von Mai bis September ausgetragen werden kann.

Auch für die Europameisterschaft im eigenen Land gibt es ein Schlupfloch: Sollten zwei der drei Länder England, Wales und Schottland das Turnier über die Qualifikation erreichen, dürfte Irland mit Freilos an der Endrunde 2028 teilnehmen. Das stürzt die irischen Fans freilich in ein arges Dilemma: Erstmals im Leben muss man England die Daumen drücken.

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Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
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