Die Wahrheit: Batteriewechsel im Puppentheater
Ein kindlich aussehender kleiner Mensch unbestimmten Geschlechts steuert das geheimnisvolle Fahrzeug, das wirkt wie ein Bett auf Rädern.
I ch konnte von Natur aus nicht Auto fahren, dementsprechend hatte das Vehikel, in dem ich mich fortbewegte, keine Ähnlichkeit mit einem richtigen Automobil. Eher wirkte es wie ein Bett auf Rädern. Einen Motor gab es anscheinend ebenso wenig wie Steuer, Gangschaltung und Pedale, daher musste der Antrieb des Fahrzeugs per Willenskraft erfolgen. Doch glaubte ich keineswegs, es könne sich um meinen Willen handeln.
Rechts von mir, in ein Kopfkissen zurückgelehnt und mit einem dicken Plumeau zugedeckt, schlief ein – nicht zuletzt wegen seiner Zipfelmütze mit Schirm – kindlich aussehender kleiner Mensch unbestimmten Geschlechts. Etwas sagte mir, dass sowohl der Verlauf der Fahrt als auch die Art des Ziels davon abhingen, was dieses Wesen träumte.
Die Straße verlief durch eine weite öde Landschaft und führte zu einem noch zwei oder drei Kilometer entfernten, eigentümlich geformten Berg, um darin wie in einem aufgerissenen Maul zu verschwinden. Mir graute davor, dort hineinzufahren, doch ich wusste nicht, wie ich das Fahrzeug anhalten sollte. Instinktiv konzentrierte ich mich auf die Vorstellung, die nächste Autowerkstatt verfüge über das landesweit beste Puppentheater.
Mein Beifahrer schien sich nicht dagegen zu wehren. Ich ließ nicht locker, sondern erhöhte die Intensität meines Gedankens. Es wirkte. Wie gerufen kam eine Tankstelle mit Werkstatt in Sicht, und wir hielten. Die kleine Kreatur neben mir schlief weiter. Behutsam kam ich unter der Bettdecke hervor und stieg aus. Jetzt kam es darauf an, den kleinen Schläfer schnell loszuwerden.
Ich eilte in die Werkstatt. Eine Mechanikerin, die soeben Lampengas bog, erklärte sich bereit, einen Blick auf das draußen geparkte Vehikel zu werfen. Nachdem sie es eine Zeit lang mit gefurchter Stirn inspiziert hatte, befand sie: „Ich rate zu einem Batteriewechsel.“ Ich erkundigte mich: „Wo ist denn bei diesem Modell die Batterie?“ – „Na, hier“, antwortete die Mechanikerin und zeigte auf das schlafende Wesen. „Kommen Sie mit.“
Sie führte mich zum Kühlraum, wo die Batterien aufbewahrt wurden. Auf einem Regalboden saß ein Dutzend schlafender kleiner Gestalten, die exakt so aussahen wie die, mit der ich hergekommen war. Mit geübten Handgriffen nahm die Mechanikerin ein frisches Exemplar herunter. Damit verließen wir den Kühlraum und durchquerten die Werkstatt. Beim Öffnen der Tür nach draußen sah ich sofort, dass das bettartige Fahrzeug samt seinem Insassen fort war.
„Das ist typisch“, sagte die Mechanikerin unbeeindruckt. „Batterien wollen nicht ausgewechselt werden. Sie spüren es vorher und entziehen sich auf Nimmerwiedersehen.“
„Und jetzt?“, fragte ich ratlos. Die Frau antwortete: „Sie können gern hier bleiben und sich nützlich machen.“ So blieb ich bei ihr, um die Werkstatt mit einem Puppentheater auszustatten, das den Anspruch hat, das beste im Land zu sein.
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