Die Wahrheit: Eier auf die Beatles

Neues aus Neuseeland: 60 Jahre ist es her, dass die Pilzköpfe in Aotearoa waren. Zum Jubiläum eine Erinnerung an die vollgeschmodderten Fab Four.

Es gibt Daten, die prägen eine Nation. Bevor uns Erdbeben heimsuchten, landeten die Beatles Down Under: Vor 60 Jahren beendeten sie ihre „Australasian Tour“ mit vier Konzerten in Aotearoa. Die Spuren, die die Fab Four in jener Woche hinterließen, werden noch immer aufgearbeitet. Eine davon läuft jedoch ins Nichts: Wer waren die Eierwerfer in Christchurch?

Der 21. Juni 1964 war ein Sonntag. Ab sieben Uhr früh trafen weibliche Fans am Flughafen in Wellington ein. Nachmittags drängten sich bereits 4.000 hinter dem Stacheldrahtzaun. Einige hatten ein Loch mit dem einem Drahtschneider hineingeschnitten. Ihr Kreischen war ohrenbetäubend, als die TEAL-Maschine endlich landete. Hinten blickten die Weltstars gelangweilt aus dem Fenster.

Als sie endlich auf der Gangway erschienen, alberte Paul mit einem riesigen Kiwivogel aus Plüsch herum, den man der Band zuvor in Sydney geschenkt hatte. Maori-Frauen in Tracht übergaben eine gigantische grüne Schnitzfigur aus Plastik. John Lennons Kommentar dazu: „Meine Frau bringt mich um!“ Es folgte ein missglückter Nasenkuss. „Ich dachte, das machen die Eskimos?“, frotzelte Lennon weiter.

Es kam noch schlimmer. Wie England habe Neuseeland bei der Landung auf ihn gewirkt, „mit Kühen und Schafen“, so vermerkte George Harrison später in einer Anthologie. Am ersten Abend hätten sie im Hotel auf Action gehofft, aber außer Fish und Chips vorm Fernseher lief nichts. „Um neun Uhr abends endeten plötzlich alle Programme“, so der Beatle. „Wir schmissen unser Dinner gegen den Bildschirm.“

Es war nicht der einzige Wurf mit Essbarem. Am 28. Juni stand eine kurze Meldung in der New York Times mit der Überschrift: „Eierhagel auf die Beatles“. Die Attacke passierte in Christchurch, als die Musiker dort auf den Hotelbalkon traten. „Jugendliche Rowdys“ hätten die faulen Eier geworfen. Sie tropften vom Geländer des Balkons und den Anzügen der Band.

In der Menge waren auch Studenten der Uni, die Transparente hochhielten: „Go home Beatles – lasst unsere Mädchen in Ruhe.“ Verbarg sich dahinter das Motiv der Eierwerfer – pure Eifersucht? Eine australische Historikerin fasste es vor Kurzem so zusammen: „Beatlemania war ein Ausdruck weiblicher Begierde.“ Und die war in präfeministischen Zeiten bedrohlich.

Das Konzert an jenem Abend in Christchurch war das kürzeste der gesamten Tournee und dauerte nur 26 Minuten. Zu hören waren die Songs eh kaum, da die Fans die Musik übertönten. Wenn Ringo Starr seine Haare schüttelte, ging es nochmal um ein paar Oktaven nach oben. Paul McCartney zerriss eine Gitarrensaite, aber spielte einfach weiter.

„Eier sind eine neue Erfahrung für uns“, berichtete er danach auf einer Pressekonferenz. „Zumindest beweist das, dass Neuseeland eine Bauernnation ist.“ Bis heute wurden die Täter nicht gestellt. Doch die örtliche Presse hat den Fall zum 60. wieder aufgegriffen.

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Anke Richter ist Wahrheit-Kolumnistin, Buch-Autorin und Mitglied von Weltreporter.net in Neuseeland. Zuletzt erschien von ihr die Auswanderersatire "Was scheren mich die Schafe. Unter Neuseeländern - Eine Verwandlung" (Kiepenheuer & Witsch).

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

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