Die Wahrheit: Frauen in Skorts
In Irland gibt es obskure Sportarten. Damit ist nicht nur Gaelic Football gemeint. Sondern auch die eine, bei der Frauen stets Röcke tragen sollten.
W enigstens müssen die Spielerinnen nicht mehr in Abendkleidern einem kleinen Lederball hinterherjagen. Früher war das beim Camogie durchaus vorgeschrieben. Laut Regeln mussten die Spielerinnen langärmelige Blusen tragen, und ihre Röcke durften „nicht kürzer als sechs Zoll über dem Boden“ enden.
Camogie ist eine traditionelle irische Sportart, bei der zwei Mannschaften aus je 15 Spielerinnen versuchen, den Lederball ins gegnerische Tor zu befördern. Dazu dürfen sie die Hand, den Fuß oder einen Eschenholzschläger benutzen. Ein Tor zählt drei Punkte, ein Schuss über die Querlatte einen Punkt. Es erfordert große Geschicklichkeit, den Ball im Laufen auf dem Schläger zu balancieren und gleichzeitig den Attacken der Gegnerinnen auszuweichen – vor allem, wenn man sich dabei im Rock verheddern kann.
Der selbst für die katholische Kirche erzreaktionäre Erzbischof John Charles McQuaid wetterte in den vierziger Jahren, dass Frauen, die sich Sportplätze mit Männern teilten, „unirisch und unkatholisch“ seien. Der damalige Sekretär des Camogie-Verbands, Seán O’Duffy, versprach ihm, „alles in seiner Macht Stehende zu tun, damit kein Mädchen auf irgendeinem Sportplatz in einem Kostüm erscheint, gegen das es Einwände geben könnte“.
Daran hat sich bis heute nicht viel geändert. Zwar müssen die Spielerinnen keine langen Röcke mehr tragen, dafür sind Skorts vorgeschrieben. Das sind Kombinationen aus Shorts und Röcken – also Röcke mit Shorts darunter. Das war den Spielerinnen aus der Grafschaft Tipperary ein Dorn im Auge. Sie brachten auf dem Verbandskongress im April den Antrag ein, die Skorts durch Shorts zu ersetzen. Dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit erforderlich gewesen. Die wurde weit verfehlt, denn knapp zwei Drittel stimmten dagegen. Das Thema kann erst 2027 wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden.
Es waren Frauen
Es waren keineswegs die alten Männer des Dachverbands für irische Sportarten, die den Antrag zum Scheitern gebracht haben. Die Mehrheit der Delegierten waren Frauen, aber es waren keine Spielerinnen. Bei einer Umfrage unter den Spielerinnen hatten 82 Prozent angegeben, dass sie kurze Hosen bevorzugen. Das ist dem Verband aber nicht damenhaft genug. 120 Jahre nach der Gründung des Verbands hat man es noch nicht ins 21. Jahrhundert geschafft.
Eine Spielerin, die in kurzen Hosen erscheint, wird vom Schiedsrichter verwarnt. Wenn sie sich weigert, die Shorts gegen Skorts zu tauschen, wird sie des Feldes verwiesen. Tragen alle 15 Spielerinnen Shorts, werden alle des Feldes verwiesen, womit das Spiel vorbei wäre. Interessant wäre es, wenn beide Teams in Shorts erschienen.
Nach der Abstimmungsniederlage gewannen die Spielerinnen aus Tipperary das Finale der Division 1 gegen Galway.
In Skorts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei