Die Wahrheit: Weg mit den Moneten
Allzeit sicher unterwegs – nur, wie kommen die einem anvertrauten Penunzen jetzt auf halbwegs vernünftigen Kanälen vom Main in den Berliner Wedding?
O hne zu fragen, hatten sie mir in Frankfurt einen Umschlag mit 1.000 Euro Zaster auf den Tisch gelegt, die Eltern von Suzy aus Singapur auf der Durchreise. Suzy studiert jetzt Kunst in Berlin. Sie hatte im Wedding schon was zur „Zwischenmiete“ gefunden, weshalb Bares vonnöten war. Suzy besaß jedoch noch kein Konto hier. Wie sollten die elterlichen Penunzen nun zu ihr gelangen?
Früher kam mein Weihnachtsgeld von Oma per Einschreiben. Das ging viele Jahre reibungslos, bis es einmal nicht ankam. Fortan gab es die „Mäuse“ nur bei Besuch vor Ort, zusammengerollt in die Hand gedrückt. So etwas prägt.
Einschreiben gibt es noch, ganz im Gegensatz zu Telegrammen. Die wurden im Dezember 2022 abgeschafft und erschienen daher in den Nachrichten. Junge Menschen fragten zurecht an Silvester, was denn das gewesen sei. Und staunten dann nicht schlecht, als sie hörten, dass in dieser Form sehr teure SMS von echten Leuten an die Tür gebracht wurden.
Heutzutage kommen die echten Leute meistens von DHL. Theoretisch darf man über sie sogar bis zu 500 Euro in bar versenden. Ich hatte mich erkundigt. Aufgrund der vielen Unsicherheiten auf dem Weg ins Weddinger Hinterhaus lehnte Suzy dies jedoch ab.
Im Bekanntenkreis wurde mir ein System namens Hawala vorgeschlagen. Wegen Geldwäschegefahr streng verboten, in Ländern mit Bankenmangel jedoch mitunter die einzige Möglichkeit, an Kohle zu kommen. Es funktioniert so, jedenfalls laut Verfassungsschutz im Netz, dass das beim „Havaladar“ eingezahlte Geld gar nicht physisch bewegt wird.
Stets mehr Geld in die eine Richtung …
Die Auszahlung am Zielort erfolgt durch „vorhandene Geldvorräte bei dort ansässigen Havaladaren“. Wie das funktionieren sollte, blieb mir unklar. Es geht doch stets mehr Geld in die eine Richtung – als in die andere zurück? Beispiel Berlin. Hawala kam nicht in Frage. Wir brauchten eine vernünftigere Lösung für Suzy.
Ich hätte die Piepen in einem Buch verstecken können. Als derart bestückte „Buchsendung“ verboten, aber ordentlich als Päckchen frankiert? So würde der Wälzer von Julie Zeh, der mir gleich zweimal geschenkt worden war, noch einen hehren Zweck erfüllen.
Ich müsste ihn nur geschickt in der Mitte aushöhlen und mit den Scheinen befüllen, außerdem zur Tarnung eine Geburtstagskarte dazulegen: „Dieses Buch hat mir supi gefallen, freue mich, wenn wir es beim Tee besprechen.“ Müsste ziemlich sicher im Weddinger Hinterhaus ankommen. Ja! Hawala versus Julie Zeh, Abc, klarer Sieg für Zeh!
Nein, auch damit hatte ich kein gutes Gefühl. Ich bin dann doch lieber ganz persönlich mit dem Zug und 1.000 Penunzen nach Berlin-Wedding gefahren.
Suzy und ich hatten einen prima Tag in den Rehbergen, auf der Müllerstraße und bei Karstadt oben im Café am Leopoldplatz. Dort, wo es für kleine Taler schmackhafte Speisen gibt, und wo Englisch sprechende junge Frauen nicht schief angegrinst werden, wenn sie sagen: „I live in Wedding now!“
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