Die Wahrheit: Gemischtes Doppel gedoppelte Mische

Gut durchgeschüttelte Wortpaare zusammenstellen, ist nicht leicht, aber genau das Richtige für historisch gebildete Linguistikfüchse.

Neulich habe ich, es war schon sehr spät, mal kurz das Wort „Upcycling“ mit dem Wort „Upskirting“ verwechselt, es aber schnell gemerkt. Die beiden Begriffe haben schließlich kaum etwas miteinander zu tun, es sei denn, einer dieser merkwürdigen Männer, denen heimliche Upskirt-Perspektiven von Frauen oder weiblich gelesenen Menschen, die Röcke tragen, gefallen, hat zufällig unter einen Rock fotografiert, der aus Upcycling-Materialien besteht. Aber das ist sehr an den Haaren herbeigezogen, das sehe ich auch.

Interessant ist ohnehin allein die Tatsache, dass das Upskirting nur mit Röcken und Übergriffigkeit funktioniert: Kommt die Person selbstbewusst rocklos, also beispielsweise in knappen Bikinitangas oder Hot Pants daher und ermöglicht damit konsensuell Blicke, so wie die tolle Meghan Thee Stallion und ihre Freundin Cardi B, deren Hintern ich definitiv schon öfter gesehen habe als meinen eigenen, findet der komische Up­skir­ting-Fan das öde.

Ich habe dennoch überlegt, das ungleiche und völlig unzusammenhängende genannte Wortpaar aus reinem Trotz und unter falschem Namen in der „Das Gemischte Doppel“-Rubrik des SZ-Magazins einzureichen, einfach nur, weil ich mir gern vorstelle, wie die Redaktion angeekelt die Nase rümpft. Doch lange ärgern die sich dort nicht: Schnell ist die nächste Mail geöffnet, in der nach abendlichen Freundesrunden und angetrieben von gutem Rotwein ein geübter SZ-Leser ein echtes, viel passenderes Wortpaar präsentiert. „Bildwahn“ und „Wildbahn“ oder so etwas, wobei Ersteres etwa mit einem Van-Gogh-Gemälde oder einem Menschen, der eine überdimensionale Gemäldesammlung besitzt, illustriert werden könnte, aber ich gebe zu: Richtig großartig ist das nicht.

Vielleicht wäre ja „Hielt die Dose“ und „Dealt die Hose“ für einen, dem die Bierdose aus der Hand gerutscht ist, und jemanden, der illegal gefälschte Markenjeans vertickt … – okay, ich kann das nicht. Darum schicke ich ja auch nichts ein. Nicht mal „Ratzefummel“ und „Fatze­rummel“, obwohl das so schlecht gar nicht ist. Ersteres muss man nicht erklären, das Zweite habe ich nach langem Suchen im „Deutschen Wörterbuch“ von Jacob und Wilhelm Grimm als irgendetwas diffus Unangenehmes, schon im 17. Jahrhundert kaum mehr Gebräuchliches, festmachen können – also genau das Richtige für die historisch gebildeten Linguistikfüchse von der SZ, die sollen sich mal schön ein Bild dazu ausdenken, auf dem jemand auf einem Jahrmarkt leidet.

Ha, jetzt habe ich doch etwas: Teni, das steht so im Internet, ist eine ziemlich gute und energetische nigerianische Sängerin. Und sobald sie sich endlich einen Platz in unserer eurozentristischen Kultur- und Popwahrnehmung erobert hat, ist meine Chance gekommen und ich maile an die „Das gemischte Doppel“-Redaktion: „Renitent“ und „Teni rennt“. Und ich mache mir keine Sorgen – als Bebilderung für Ersteres wird schon kein Foto von mir genommen. Würde ja eh keiner erkennen.

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kari

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