Die Wahrheit: Vom Schnalzen und Zuzeln

Lebenslänglich Bayer: Landesväterlich auf die lederbehoste Untertanenschaft runterschauen – so lautet die Arbeitsbeschreibung. Ja, mir san mir!

Eine Peitsche schwingen, dass es nur so kracht beim 538. Gaugoaßlschnoizn der katholischen Burschenschaft Tittenkofen. Ein Prosit der Gemütlichkeit schmettern beim Bierzeltwettsitzen des Vereins für klebrige Lederhosen e.V. im oberfränkischen Breitenlesau. Nicht allzu tief, aber doch genau reinschauen in das Holz vor der Hütte der Dirndlträgerinnen beim Großtrachtenfasching in Kleindingharting und dabei der Versuchung, unterm Dirndl jodeln zu wollen, widerstehen.

Die Zähne in eine knusprig gebratene Riesenschweinshaxe beim alljährlichen und hochfeierlichen Schlachtmassaker des Bayerischen Landesverbands kleinbäuerlicher Ferkelfanatiker in Schweinegg hauen. Sich einen neuen Witz über die Grünen ausdenken.

Hoch auf dem weiß-blauen Wagen sitzen und beim 379. Rosstäuschervolksfest zu Ehren des heiligen Franz-Josef landesväterlich auf die lederbehoste Untertanenschaft runterschauen. Einen typisch bayerischen Rauhaardackelwelpen an das eigene Gesicht drücken, ihn kräftig abbusseln und auf den Namen Waldi taufen. Beim Volkstanzfest der Jungbullen von der Bereitschaftspolizeiabteilung Würzburg eine möglichst kesse Sohle aufs Parkett legen. Irgendeinen Schmarrn über die Gefahren der Erbschaftssteuer verzapfen.

Mit dem Schirm über die ost-südostbayerischen Meisterschaften im Fingerhakeln herrschen. Bei den Offiziellen Bayerischen Meisterschaften in den Highland Games auf Schloss Schlechteneck bei Nabburg auch mal selbst einen Baumstamm durch die wunderschöne Gegend schmeißen und versuchen, sich beim Strohsackhochwerfen nicht zu blamieren. Irgendwas von wegen Kernkraft und Ideologie daherreden.

Bloß nicht unter handgenagelten Schuh geraten

Beim Weißwurstwettzuzeln des Landesverbands der fleischverzehrenden Indus­trie ein Metzgereierzeugnis in einen Topf zuckersüßen Senfs tunken und anschließend mit Genuss verzehren. Beim Landestreffen der normalverdienenden Haferlschuhplattler zu Fuße der Benediktenwand einfach nur Freude empfinden und dabei versuchen, nicht unter einen handgenagelten Schuh aus geschmeidigster Gamsleber zu geraten. Nicht vergessen gegen die Ampel zu wettern.

Anlässlich des Wettbrezensalzens der Landeskammer für gebundene Backwaren ein Hohelied auf das Handwerk anstimmen. Einen Bock schießen beim fröhlichen Halali des Verbands der kleinen und mittleren Großgrund- und Waldbesitzer im Freistaat und beim daran anschließenden alljährlichen Wettkampf im Aus-der-Decke-schlagen von Rehwild ein interessiertes Gesicht aufsetzen.

Ein Fass feinsten obergärigen Hopfensaftes aufmachen bei der feierlichen Eröffnung der 1486. Haus- und Hofkirchweih im oberpfälzischen Dietfurth an der Altmühl und dabei eine gepfefferte Rede mit hoher Stammwürze gegen Kiffer und Verbote halten.

Ein bayerischer Ministerpräsident hat es wirklich nicht leicht in Wahlkampfzeiten.

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