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Die WahrheitIch bin ein Köpenicker!

Lebenslänglich Bayer: Manchmal ist es nicht so einfach mit den Ortszuschreibungen. Ab wann ist man ein Münchner?

N eulich war es, wie es meistens ist, wenn ich sage, dass ich Köpenicker bin. Die Leute lachen. Das liegt wahrscheinlich an meinem leichten bairischen Akzent, den ich pflege. Dass ich schon 20 Jahre im Südosten Berlins wohne, befördert meine Integration nicht wirklich. Köpenicker kann man nicht werden, Köpenicker kann man nur sein. Und als einer, der aus München kommt, geht da gar nichts. Wahlköpenicker, das lassen einem die Immerschonköpenicker vielleicht noch durchgehen.

Münchner werden dagegen kann ganz einfach sein. Neulich habe ich in einer Münchner Zeitung gelesen, dass diesmal drei Stars aus der bayerischen Landeshauptstadt in dieses Dschungelcamp von RTL eingezogen sind. Nur eine davon ist in München geboren, waschecht, wie man sagt. Verena Kerth heißt die, ist Radio- und manchmal TV-Moderatorin und als Ex-Partnerin eines Ex-Fußballtorhüters vom FC Bayern bekannt. Wenn dieser Oliver Kahn sagen würde, dass er ein Münchner ist, niemand würde wohl lachen, obwohl der Ex-Titan in Karlsruhe zur Welt gekommen und aufgewachsen ist. Hey Köpenicker, schaut auf diese Stadt, kann ich da nur sagen.

Und da ist noch mehr. Die zweite Münchnerin im Dschungelcamp ist Claudia Effenberg und hat mit der Isarmetropole nun wirklich nicht viel zu tun. Auch die Effenbergerin ist über ihre Beziehungen zur Fußballwelt bekannt geworden. Sie war zunächst mit einem Fußballer liiert und dann mit einem anderen. Sie wird im weltoffenen München immer noch als Münchnerin bezeichnet, obwohl sie nach Hamburg umgezogen sein soll. Die gebürtige Iserlohnerin hat auch ihren Job als Dirndldesignerin an den Nagel gehängt und wird dennoch von der Lokalpresse der Landeshauptstadt nicht ausgebürgert.

Der dritte Münchner im Dschungel ist Papis Loveday. Das Model, das so gerne extravagante Outfits dahin trägt, wo sich Münchner Prominente treffen, weil sie wissen, dass am Tag darauf Bilder davon in der Lokalpresse zu sehen sein werden, ist allseits beliebt. Besonders freuen sie sich in München, wenn der gute Mann im Lederbeinkleid eines führenden Münchner Lederhosendealers auf das Oktoberfest geht und dazu – gewagt, gewagt! – eine knallpinke Weste in die Wiesnschänke der Prominentenwirtsfamilie Käfer ausführt. Auch als derart schriller Vogel kann man also zum Münchner werden, selbst wenn man aus dem Senegal stammt wie Loveday. Ob das in Köpenick wohl möglich wäre?

Wie allerdings Neumünchner integriert werden, die den Zugang zur Stadt nicht über Promischuppen wie das P1 oder die Käferschänke nehmen müssen, steht auf einem anderen Blatt und gewiss nicht in der Münchner Abendzeitung oder der tz. Saupreußen ist in München schließlich immer noch ein gebräuchlicher Ausdruck. München ist also nicht viel besser als Köpenick.

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Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
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4 Kommentare

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  • Sind sie ein Immi?



    Das Wunder dieser Kolumne ist, dass mir "die Bayern" sympathisch werden. Damit schließe ich Herrn Söder und Konsorten natürlich nicht ein, der ist ja eh Franke.



    Wie entsteht das Bild eines Nachbarfreistaats und seiner Bewohner?



    Da ist natürlich ein Fußballverein, der das Wort großkotzig lebt. Dumm, dass er meistens auch gewinnt.



    Da ist ein Landesfürst (egal mit welcher aktuellen Gesichtsmaske), der den " Freistaat" so darstellt, als sei Bayern nur aus gutem Willen, irgendwie lose, mit Restdeutschland verbunden. Als Teil der Regierung prägte die Minipartei des Bundeslandes mit Ihrer reaktionären Politik den Bund mit.



    Alles Tatsachen, die mir Bayern unsympathisch machen.



    Nun lese ich hier, immer wieder, eine Kolumne eines Bayern.



    Das ist ein wenig wie mit dem Satz mit den Ausländern: ABER: ich kenne da Einen...



    So wird das was mit der Integration.



    Das funktioniert offenbar auch ohne persönlichen Kontakt. So haben Leiti und Batic sicher auch zum gesamtdeutschen Verständnis beigetragen.



    Irgendwie sind wir Alle Immis in Deutschland.

  • Ein Berliner fragt am Münchner Hauptbahnhof



    einen Einheimischen nach dem Weg –



    und zwar in seiner gewohnten, sehr direkten Berliner Art:



    “He Sie! Wo jeht et denn hier zum Marienplatz?”



    Der Münchner: “Wenns’d mi anständig frogst, dann sog i’s da vielleicht!”



    Der Berliner: “Nee, denn valoof ick ma lieber!”

    • @Ringelnatz1:

      Der ist gut!

      Komm zu mir nach Köpenick:

      "Guck ma' auf den Stadtplan: Berlin rechts unten



      Nun 'n kurzer Blick schon hast du's Paradies gefunden

      Ja genau, die grüne Insel direkt am Rand



      Hier willst du alle her, komm mit ins Wunderland

      Vergiss St. Moritz und Saint Tropez



      Hier Scheint immer die Sonne, hier liegt immer Schnee"

      youtu.be/oIOSq7uzMI8

      • @Jim Hawkins:

        Auch heute noch. Die Bölsche hoch bis Spreetunnel. Treiben lassen.



        Ostalgie Friedrichshagen



        www.youtube.com/watch?v=-WCwQgN_28k



        Ick kann ja im Kopf immer vergleichen.



        In den 80zigern bin ich ja auch da rum gerannt. Elastischer!