Die Wahrheit: Söder auf die Ohren

Lebenslänglich Bayer: Welch Pein, sich den Podcast „Auf eine weiß-blaue Tasse“ des bayerischen Ministerpräsidenten anhören zu müssen!

Beklagen möchte ich mich hier nicht. Es geht mir eigentlich gut. Privat und meist auch beruflich. Manchmal tut mir etwas weh, aber weil ich nicht mehr der Jüngsten einer bin, halte ich das für normal. Und natürlich gibt es Dinge, über die ich mich bei der Arbeit ärgere, auch wenn ich oft so tue, als sei das anders.

Diese Woche nun ist etwas mit mir geschehen, was ich so noch nie erlebt hatte. Das hat mit dieser Kolumne zu tun. Sicher, wer sich regelmäßig mit Bayern beschäftigt, kommt früher oder später an den Punkt, an dem das andauernde Kopfschütteln zu einem veritablen Bandscheibenvorfall führt. Aber das meine ich nicht. Was ich bei der Recherche für diesen Text empfunden habe, ist weit über die übliche Pein hinausgegangen. Ich habe mir „Auf eine weiß-blaue Tasse“, den „offiziellen Audio-Podcast der Bayerischen Staatsregierung“ mit Ministerpräsident Söder angehört. Und jetzt kann ich nicht mehr.

Drei Folgen sind bisher erschienen. Markus Söder hatte sich dafür jeweils einen Gast eingeladen. Der selbst ernannte Universalgelehrte Harald Lesch war bei ihm, der Wissenschaftsjournalist Dirk Steffens („Terra X“) und die Astrophysikerin Suzanna Randall, die dafür trainiert, ins Weltall zu fliegen. Schnell ist klar: ein guter Moderator ist Söder nicht, eher ein hundsmiserabler. Einer, den nicht wirklich interessiert, was seine Gäste zu sagen haben. Wichtig ist ihm eigentlich nur eins: Er möchte in jeder Folge mehrmals rüberbringen, dass er ein großer Fan von Science-Fiction ist. Ob das seine Gesprächspartner interessiert oder nicht, scheißegal.

Es ist zum Heulen

„Ich bin ein uralter, immer schon Science-Fiction-Fan gewesen. Ich glaube, ich kenne keinen Science-Fiction-Film, oder es gibt keinen, den ich nicht kenne, die guten wie die schlechten, und da gab es tolle Filme.“ Und jedem reibt er die Geschichte unter die Nase, dass er mal Astronaut werden wollte. Aber damals sei das nicht möglich gewesen wegen der Plomben und weil man vorher den Pilotenschein habe machen müssen, wofür er mit seiner stattlichen Körpergröße von 1,94 Metern zu groß gewesen sei. Es ist zum Heulen.

Immer wieder streut er ein, was er im Fernsehen gesehen hat, eine Doku über die Tiefsee zum Beispiel mit Pottwalen, diesen „Moby-Dick-Walen“ oder so. Oder er erklärt noch mal eben exponentielles Wachstum. „Ich hab das ja bei Corona immer gehabt: Dieses ‚exponentiell‘ verstehen die meisten ja nicht. Da gibt es ja dieses berühmte Seerosenbeispiel. Wenn ich sage, an einem Tag ist der Teich zur Hälfte voll mit Seerosen. Zugrundegelegt exponentiell. Wie ist es am nächsten Tag? Dann sagen andre: Na ja, so ein bisschen mehr, also nicht voll.“

Verrückt! Woher weiß Söder das? „Ich war in Mathe immer ganz gut, ich habe sogar eine Facharbeit über Exponentialfunktionen geschrieben.“ Es ist eben alles nicht einfach. Oder wie es Markus Söder sagt: „Die Komplexität ist das Schwierige.“

So, und jetzt brauche ich erst mal Urlaub.

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kari

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