Die Wahrheit: Tiefe Stollen, echte Schatten
Brisantes aus dem Dunklen: Was Platons Höhlengleichnis, Christian Lindner und die Ideenwelt der CDU gemeinsam oder auch nicht haben.
Weltweit sind bekanntlich unablässig Höhlenforscher und -forscherinnen unterwegs und suchen forsch nach Höhlenfröschen und anderem im Verborgenen lebendem Getier. Wenn man aber keine Stirnlampe besitzt und auch aus keinem Kumpelhaushalt kommt, ist man, – um mit Heidegger zu reden –, eher unbehöhlt. Es sei denn, man beschließt schon in jungen Jahren Platoniker zu werden. Denn von dem Philosophen Platon, dem Sohn von Sokrates und Vater von Aristoteles, gibt es eine Höhlengeschichte, die ganz ohne Frösche und Grottenolme auskommt.
Nur die Stirnlampe spielt eine Rolle in der Story. Da sitzen nämlich angekettete Galeerenhäftlinge und starren immerzu auf eine Wand, auf der sie lauter Schatten sehen. Die kommen von den Stimmen der Stirnlampen tragenden Höhlenforscher, wenn sie andere Höhlenforscher anreden, die vor ihnen stehen, weil man in der Finsternis ja allermeist nicht mal die eigenen Lider vor den Augen sieht.
Jetzt denken die angeketteten Galeereistas aus Platons Geschichte selbstverständlich, die Schatten seien Höhlenforscher. Wegen der Gespräche, die im Hintergrund zwischen den Wissenschaftlern in der Höhle geführt werden. Da sagt dann der eine: „Guck mal, ich glaube, ich habe eine Schnäbelnde Felsenschabe gefunden!“ und eine Andere ist beglückt über eine Vierohrige Vulkanviper. Es geht jedenfalls laut und wissenschaftlich zu, vom Echo ganz zu schweigen, schweigen, schweigen …
Echte Wesen und dumme Galeereistas
Aber nun endlich zum platonischen Plot der berühmten Geschichte. Die dummen Galeereistas finden nämlich darin nie heraus, dass die Schatten gar keine echten Wesen sind. Erst wenn sie ein gnädiger Geist ins Frankfurter Senckenberg-Museum führen würde, wo die ganzen gesammelten Höhlenfunde hinkommen, würden sie raffen, was in ihrer Höhle los war. Und vielleicht würden sie dann auch Höhlenforscher werden wollen und andere Höhlenforscherinnen suchen; oder die Maler und Malerinnen, die die Höhlenmalereien gemalt haben.
Doch bis zu dieser Schlussfolgerung ist Platon nicht gekommen. So über zweitausend Jahre später darf man sich dann aber schon mal als Schreibender, hat man, natürlich ganz ausnahmsweise, keine richtige Idee, sich eine derartige Ideenhöhle denken. In der liegen dann die Ideen wie bisher unentdeckte Vulkanvipern oder Felsenschaben herum. Eine ausgemachte Ideenschleuder ist jene Art von ausgedachter Höhle, will man mal was richtig Abseitiges und Dunkles schreiben.
Manche müssen ja sogar was schreiben, zum Beispiel Redakteure der Neuen Zürcher Zeitung oder der FAZ über den Ideenparteitag der CDU. Oder über die neue Stirnlampe von Christian Lindner, wenn der mal wieder auf der Suche nach unbekanntem Sondervermögen tief in die Fiskusstollen des Bundesfinanzministeriums hinabsteigt. Huscht Lindner dann an den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen seines Hauses vorbei, wird dem hellen Köpfchen nämlich stets aufs Neue klar, dass die Zahlen an den Pinnwänden der vielen, vielen Büros nur Schatten sind. Und keineswegs echtes Geld.
Keine Idee, wie man bloß darauf kommen kann.
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