Die Wahrheit: Erlebnisbad Donezk
Der Tech-Gigant und neue Twitter-Chef Elon Musk hat jetzt auch noch nebenbei die Ukraine gekauft.
Nach langem Hin und Her ist es nun endlich offiziell: Elon Musk hat nicht nur den Nachrichtendienst Twitter, sondern auch die Ukraine übernommen. Für 44 Millionen Kryptodollar hat der milliardenschwere Multibilliardär die marode Immobilie mitsamt Inventar erstanden.
Mit dem selbsternannten Vorbesitzer, einem russischen Rentner namens Wladimir Putin, hatte es zuvor monatelange Verhandlungen gegeben. „Nennen Sie mich sentimental, aber ich hänge nun mal an dem alten Ding“, schluchzte der kleinwüchsige Greis aus Moskau. „Ich konnte einfach nicht loslassen.“
Am Ende hatte Putins Gesundheitszustand den Ausschlag gegeben. „Eine plötzlich ausgebrochene Pollenallergie von geradezu nuklearen Ausmaßen. Ich bekam schon explosionsartige Niesattacken, wenn ich auch nur an die Sonnenblumenfelder der Ukraine dachte“, sagte Putin. Der Rentner zeigte sich aber erfreut, dass das Objekt „jetzt in besten Händen ist und einen neuen Besitzer gefunden hat, der sich so liebevoll autokratisch darum kümmern kann, wie das pittoreske Fleckchen russischer Muttererde es verdient“.
Spontane Mitbewohnerversammlung
Laut einem Bericht der New York Times soll der Vertrag am vergangenen Wochenende bei einem Treffen in Elon Musks Datscha auf der Rückseite des Mondes unterzeichnet worden sein, was dieser auf seinem Twitter-Account zunächst nur indirekt bestätigte: „Der Vogel ist befreit“, schrieb er.
Doch schon am Montagmorgen ließ Elon Musk den wirren Worten kühne Taten folgen: Um 9.27 Uhr weißrussischer Zeit landete der reichste Mann der Galaxis mit einem Geschwader fliegender Solaruntertassen aus eigener SpaceX-Produktion in einem Kornfeld unweit von Kiew. Mehrere Legionen Friedenskampfroboter und eine Division Befreiungspanzer rollten aus den Flugobjekten und trieben die gesamte Bevölkerung zu einer spontanen Mitbewohnerversammlung zusammen.
Eiligst wurden Millionen Fragebögen verteilt und nur wenige Minuten später konnte Musk vermelden, dass sich 96 Prozent der ukrainischen Belegschaft für eine Zukunft unter seiner Führung entschieden hatte.
Polit-Robotniks in Führungspositionen
Während die jubelnden Ukrainer sich ohne Verzug zurück an ihre Arbeitsplätze begaben, hatte Musk bereits das gesamte Management gefeuert, wie die Washington Post unter Berufung auf gut vernetzte Informanten berichtete. Sowohl der ukrainische Präsident Selenski wie auch sein Kabinett seien aus der Regierungszentrale herausgeführt worden, allerdings nicht ohne vorher ein paar schöne Orden erhalten zu haben.
Einem Bericht von Bloomberg zufolge will Musk zunächst selbst Chef der Ukraine werden und habe sich den Beinamen „Techno-Khan of the Scythian Steppe“ verliehen. Auf lange Sicht könne er den Spitzenjob aber an jemand anderen abgeben, schrieb der Finanzdienst.
Musk bestätigte das: Mittelfristig sollen die Regierungsgeschäfte von zuverlässigen Polit-Robotniks aus eigener Manufaktur übernommen werden. Als neuer Präsident sei das Modell „Wladimir Schablonski“ vorgesehen, ein posthumaner Prototyp voller Zukunftspotenzial, der mit Lunarenergie betrieben werde und bloß noch einiger Feinjustierung im paraneuralen Sektor bedürfe, um amtsfähig zu sein.
In seiner Antrittsrede beklagte Musk den desolaten Zustand der Ukraine und versprach schnelle Abhilfe. Tausende Trümmerdrohnen seien bereits im Anflug, um beim Wiederaufbau zu helfen. Die Plattform Ukraine dürfe kein Ort des Grauens sein, sondern müsse wieder warm und einladend für alle sein, erklärte Musk, „eine Wohlfühl-App im Herzen Eurasiens“. – „Das gilt natürlich nicht für feindliche Invasoren“, fügte er mit verschmitztem Lächeln hinzu. Jeder, der in die Ukraine einmarschieren wolle, müsse in Zukunft einen Eintrittspreis von acht Dollar bezahlen und eine gesalzene Plündergebühr entrichten.
Fachkundiges Drohnenpersonal
Erste Pläne, die heruntergekommene Infrastruktur wieder aufzuhübschen, gab Musk schon bekannt: Das Donezk-Becken soll zu einem schicken Erlebnisbad modernisiert werden, zu einem benutzerfreundlichen Naherholungsgebiet für Groß und Klein.
Für das Krim-Problem hat das pfiffige Genie ebenfalls eine Lösung parat. Die formlose Halbinsel, die seit Jahrhunderten den Zugang zum Schwarzen Meer blockiert, wird schnellstmöglich an Russland zurückerstattet. Fachkundiges Drohnenpersonal ist bereits dabei, den unschönen Wurmfortsatz abzutragen. Tesla-Schwertransporter des Typs „Musk Ox“ transportieren die Inselteile nach Murmansk ab, wo sie wieder zusammengebaut und an die Halbinsel Kola im Weißen Meer montiert werden. Während die Ukraine restrukturiert wird, hat Musk bereits neue Pläne, die Welt noch besser zu machen: „Taiwan sollte Taiwan endlich an China zurückgeben“, twitterte er gestern. „Ansonsten kaufe ich den Laden und schmeiße alle raus.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern