Die Wahrheit: Höschen und Anzügchen

Die Olympischen Winterspiele laufen in Peking auch sprachlich zur Hochform auf – in der Berichterstattung der deutschen Sender.

Olympisches Fernsehen: schneeblasse Moderatoren, hammerharte Analysen und totalitäres Stussgesportel Foto: Reuters

„Es ist das pure Glück!“, honigkuchenpferdelte jüngst die wie eh und je astrein pure ZDF-Jubelmadonna Katrin Müller-Hohenstein nach dem Gewinn der Silbermedaille im Damenlanglaufstaffelwettbewerb, vermochte aber mit ihrer kindlichen oder eher kindischen Exaltation trotzdem nicht die ARD-Moderationskollegin Jessy Wellmer auszustechen, die bereits am ersten Sporteltag, am vorvergangenen Samstag, im Mainzer Studio zwar nicht real existierende sozialistische, doch immerhin „real existierende olympische Medaillen“ abgefackelt, nein: abgefeiert hatte – und zwar zunächst mal im Hinblick auf die, jawohl: „Slowenien“, diese Skispringerinnen, „die immer so aggressiv sitzen – war sicher ’n Pusher für Katharina Althaus“.

Aufs Neue sitzen wir diplomierten Sprach-Judges seit über einer Woche so aggressiv wie abgeschlafft vor dem Bildschirm, und gleich zu Beginn dieser singulären Naturzertrümmerungs- und Umweltschmutzspiele wähnten wir uns in einer Albert-Einstein’schen Zeitschleife, als der unvermeidliche Wintersporthampelmann Bernd Schmelzer den Rodler Johannes Ludwig nach den ersten beiden Läufen mit der hammer- und sichelharten Analyse konfrontierte: „Das ist ein enges Höschen jetzt.“

Dass uns irgendwelche zu weiten Höschen oder Anzügchen im Rahmen des Skisprung-Mixed-Team-Contests ein, so der Trainer Stefan Horngacher, blitzsauberes „Kaschperletheater“, mithin eine der prächtigsten Lachveranstaltungen der olympischen Korruptionsgeschichte bescherten, versöhnte uns allerdings zwischenzeitlich mit dem totalitären Stuss in und rund um Peking, den der ungemein sympathische ZDF-Biathlonexperte Sven Fischer in anderer Hinsicht sodann als „bedingt verkorkst“ einstufte.

Schneeweiße Altsäcke

Recht hat er, der redliche Fischer-Sven. Denn, o Denis Schreck, neben den Bernd Hirnschmelzers und einem Sprachschredderer wie Hanni Hannawald („vom Kopf her neutralisieren“, „Da geht man dann auch noch mal ins Gefühl“) oder einem Planfasler wie Arnd Peiffer („Dieses Rennen wird auch ein Stück weit im Kopf gewonnen“) brillieren an den Mikrofonen ja tatsächlich ein paar schneeweiße Altsäcke; zum Beispiel der treffliche Erzähler und Meister der Sprachbeherrschung Hermann Valkyser, der beim Eisschnelllauf herrlich hinschnoddert: „Bart Swings – vergessen Sie den, der ist erledigt“; oder der unanfechtbare Norbert Galeske, der in eleganter Süffisanz über das alberne chinesische Herreneishockeyteam herzieht.

Gewiss, gewiss, es soll dessen ungeachtet ordentlich Altöl in den Reiswein geschüttet werden. Wie oft, fragen wir uns beispielsweise, müssen wir uns noch die unfassbaren Unverschämtheiten des Weltsportdirigenten Thomas „Hamlet“ Bach in die Ohren tröpfeln lassen, etwa: „Das IOC ist ja keine Weltregierung“? Heißt: Uiguren? Überwachung? Drauf gepfiffen. Der Renminbi rolle.

In die Sprachpfütze gestampft

Und womit haben wir einen Fernsehkommentator wie Ralf Scholt vom ohnehin unbegreiflichen Hessischen Rundfunk verdient, der es beim Eisschnelllauf fertigbringt, weiß Gott jeden Satz, der seinen Lippen entflieht, in die Pfütze zu stampfen? „So einfach kann man die Welt in dieser Distanz nicht einreißen.“ – „Die Ästhetik können wir dann ja während des Rennens verfolgen.“ – „Ein Erfolg des Willens!“ Leni Riefenstahl hätte gestrahlt.

Nun, mit dem Alpinexegeten Marco Büchel zu trompeten: Das alles ist „eine Meisterleistung für den Kopf“. Oder doch mit dem Olympiasieger in der Nordischen Kombination Vinzenz Geiger: „Das war natürlich alles ’n Riesenscheiß“? Oder schließlich mit der Biathletin Franziska Preuß: „Da hat man die Schnauze grad ganz schee voll“?

„Ma’ waaß es net“, sagt der Hesse in uns. So oder so – wir bleiben am Puck. Barscheleskes Ehrenwort!

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kari

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