Die Wahrheit: Insel mit Herz für Betrüger

Irland, die Steueroase, wird sie bald trockengelegt? Bisher haben findige Finanzminister noch immer einen Dreh für Computerriesen gefunden …

Irland will keine Steueroase mehr sein. Jedenfalls vielleicht. Finanzminister Paschal Donohoe könnte in dieser Woche seine Unterschrift unter das OECD-Abkommen über eine weltweite Steuer von mindestens 15 Prozent für Großkonzerne setzen – falls die OECD das Abkommen ändert: Das Wort „mindestens“ stört ihn und soll gestrichen werden, damit die Steuer nicht hinterrücks noch weiter erhöht werden kann.

Irland hat bisher einen Mindeststeuersatz von 12,5 Prozent, aber der ist verhandelbar. Die Computerfirma Apple hat zum Beispiel nur 50 Euro Steuern auf jede Million Profit gezahlt. Mit solch einer großzügigen Geste kann man natürlich nicht die Löcher stopfen, die durch den Bankenbankrott vor 13 Jahren in die Staatskasse gerissen wurden.

Auch damals war man großzügig und half den Pleitebanken aus der Patsche. Fast alle betrügerischen Bankiers kamen ungestraft davon, die schurkischen Banken blieben ebenfalls mehr oder weniger unbehelligt. Die beiden größten Übeltäter, die Irish Nationwide Building Society und die Anglo-Irish Bank, fusionierten zur Irish Bank Resolution Corporation und machen weiterhin ihre Geschäfte. Irland hat eben ein Herz für Betrüger.

So fand auch Nick Leeson, der durch seine wüsten – und illegalen – Spekulationen die britische Barings Bank, eine der ältesten Handelsbanken der Welt, in den Bankrott getrieben hatte, in Irland eine neue Heimat, nachdem er aus dem Knast entlassen worden war. Er lebt seitdem im westirischen Galway, ist Manager des Fußballklubs Galway United, berät Finanzinstitute, warnt sie vor dubiosen Praktiken und kassiert dafür hübsche Honorare.

Genosse der Bosse

Aber selbst Leeson lässt an den irischen Banken kein gutes Haar. „Die Bosse glaubten, sie seien die Meister des Universums und kontrollierten alles in jedem Winkel Irlands“, sagte er. „Sie hielten sich für unantastbar, und wenn man sich anschaut, was seitdem passiert ist, hatten sie sogar recht, denn sie wurden nicht angetastet.“

Dubiose Bankiers hat es in Irland auch früher schon gegeben. So gründete zum Beispiel der Sattler William Murphy 1797 die Killarney Bank im Südwesten der Insel. Er gab zehn verschiedene Geldscheine heraus, die ziemlich klein waren und wie Notizzettel aussahen. Murphy hatte einen miesen Ruf. Ein Zeitgenosse behauptete damals, dass Murphys gesamtes Kapital lediglich 40 Schillinge betrug. Aber wenn er einen Sattel verkauft hatte, konnte er seine Scheine gegen echtes Geld eintauschen.

Das war aber nur selten der Fall, und so konnte er nicht die Geldscheine einlösen, die ihm eine Gruppe Touristen aus Dublin bei ihrer Abreise vorlegte. Stattdessen, so heißt es in dem Buch „The Clubs of London“, bot er ihnen „ein überaus elegantes Zaumzeug“ zum Ausgleich an.

Viel hat sich seitdem nicht geändert. Als Irlands Banken 2008 pleitegingen, hatten sie aber nicht mal ein Zaumzeug, sondern höchstens noch ’nen Appel und ’n Ei im Safe.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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