Die Wahrheit: Der neunte Arm des Oktopus

Reicht es nicht, ein Drogerieimperium aufgebaut zu haben? Muss der Roßmann jetzt auch noch schreiben? Zum Tintenfisch nochmal!

Neben der neunschwänzigen Katze, den vier apokalyptischen Reitern und den drei goldenen Haaren des Teufels habe ich in letzter Zeit verstärkt Angst vor dem „Neunten Arm des Oktopus“. So heißt das neue, bereits zweite Buch des Drogerie­magnaten Dirk Roßmann, und obwohl es nicht in Buchläden, sondern in seinen Drogerien steht, ist es auf der Spiegel-Bestsellerliste. Das würde man jetzt gern mit dem Lockdown erklären, aber zumindest in Berlin und Brandenburg sind neben den Drogerien auch die Buchhandlungen geöffnet – dass man neue Lektüre zusammen mit dem Klopapier, der Menstruationstasse und dem Hornhauthobel in den Plastikkorb wirft, kann also eigentlich nur an der Angst vor mehr Aerosolen in mehr verschiedenen Läden zusammenhängen. Und vielleicht sind Spiegel-Bestsellerlisten auch nicht mehr das, was sie mal waren.

Dass ein Oktopus normalerweise gar keine neun Arme hat, muss man aber erst einmal wissen – sonst kommt einem der Titel ungefähr so spannend vor wie: „Die Katze mit dem Fell“ oder „Das Huhn mit den zwei Beinen“. Aber nachdem ich mir den „Sesamstraßen“-Spot zu „Im Garten eines Kraken“ ins Gedächtnis gerufen hatte, aus dem ich überhaupt erst erfuhr, wie viele Arme ein gesunder Oktopus haben sollte, acht nämlich, verstand ich die Brisanz: Wahrscheinlich benutzt der Oktopus seinen mysteriösen neunten Arm dazu, die Welt aus den Fugen zu heben oder weiblichen Oktopussen (die werden manchmal Oktotussen genannt, allerdings nicht, wenn sie aus Moskau kommen, dann heißen sie Oktorussen) auf den Hintern zu hauen. Oder, denn jetzt fällt mir wieder ein, dass „Der neunte Arm des Oktopus“ ein „Umweltthriller“ ist – der neunte Arm ist das Zeichen für eine durch Umweltgifte ausgelöste Mutation. Und wenn das so weiter geht, dann kommt bald „Das dritte Bein des Huhns“ oder „Die Katze ohne Fell“, ganz zu schweigen von „Das dritte Buch des Dirk Roßmann“!

Unter Oktopussen (zu besonderen Gelegenheiten ziehen die Tiere schicke Stoffüberzüge an, sogenannte Oktohussen) bedeutet dieser neunte Arm bestimmt eine Art von Diskriminierung, und wie in „Animal Farm“ schwimmen sie morgens zu einem Kreis zusammen, und blubbern: „Eight legs good! Nine legs bad!“. Vielleicht ist der inkriminierte Oktopus aber auch in Wirklichkeit ein Riesenkalmar, der neben den acht Armen zusätzlich über zwei Tentakel verfügt – einen davon könnte er bei einem Kampf verloren haben, zum Beispiel mit einem Drogeriekettenmilliardär, der beim Recherchetauchen die Arme nachzählen wollte und dann beim Bedanken zu fest die Hand, also den Arm geschüttelt hat. (Habe ich schon erwähnt, wie sich die Fortbewegung bei Oktopussen oft abspielt? Sie sind zuweilen etwas faul und lassen sich kutschieren – in Oktobussen.) Wobei mir einfällt, dass der neunte Arm des Oktopus ein Widerspruch an sich ist: Wenn er neun hat, ist er kein Oktopus mehr, sondern ein Novempus.

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kari

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