Die Wahrheit: Tanz mir den Icke

Neues aus Neuseeland: Die von Corona verstrahlten Verschwörungstrottel tummeln sich down under gern auf Hippie-Festivals.

Als einziges Land der Welt feiern wir wieder ganz legale Partys im Großformat. In zwei Monaten findet erst „Kiwiburn“ statt, Neuseelands „Burning Man“ mit über 2.000 Campern auf einer Weide. Darauf folgt das ebenso ausufernde „Luminate“ mit Musik, Zelten und Workshops in Golden Bay. Brennen tut es bei dem Hippie-Festival bereits. Verschwörungsempörung hat die esoterische Enklave entflammt und entzweit.

Bereits seit der Pandemie war die Facebook-Seite von „Luminate“ ein Sammelsurium kruder Falschinformationen: Anti-Lockdown, Anti-Masken, Anti-Medizin und Anti-Hirn. Hinweise an die Veranstalter, dass solche Inhalte unverantwortlich seien, wurden ignoriert. Die Community der Luminatis schien sich mit Verschwörungstheoretikern und Impfgegnern gut zu vertragen.

Als der Ticketverkauf begann, tauchten auf der Webseite von „Luminate“ Prominente auf, die wie Redner im Festivalprogramm wirkten. Unter „13 Crystal Seeds of Positive Change“ wurden Namen mit Links zu Webseiten aufgelistet, die inspirieren sollen – „do your own research“, hieß es dazu. Bis auf Noam Chomsky, der sich noch nie in so schlechter Begleitung befunden hat, war die Liste ein „Who is who“ von Anti-Impf-Propheten und QAnon-Populisten.

Ein Name fiel selbst denen, die mit einem Rashid Buttar oder Bruce Lipton nicht viel anfangen können, auf: David Icke, Großvater aller antisemitischen Verschwörungsideologien und Erfinder der Illuminati und Reptiloiden. Ob New World Order, Deep State, Pizzagate und baby­fressende Rothschilds: Das Horrorpanoptikum, das durch die Köpfe von Abermillionen Trump-Fans spukt, haben wir unter anderem dem britischen Autor, der sich selbst für Jesus hält, zu verdanken.

Da Icke außerdem den Holocaust leugnet, flog er von Twitter und hat Einreiseverbot in Australien. „Luminate“ erreichte ein besorgter offener Brief, unterschrieben von Dutzenden DJs und Musikern wie Alt-Country-Star Marlon Williams: Mit Judenhasser Icke will niemand gern tanzen. Kein Boykott, sondern die Bitte, das nach rechts gerutschte Inspirationssortiment zu überdenken. Ein Präzedenzfall für die New-Age-Szene, der Wellen in Aotearoa schlug.

Die Antwort von „Luminate“: Man beschwerte sich über so viel „Negativität“, gab mehrere Nicht-Entschuldigungen ab und stellte sich naiv – von Ickes Antisemitismus wisse man nichts. Das Festival löschte den Conspiracy-Guru immerhin in seiner Kristall-Samen-Hitparade, aber nahm erst im nächsten Anlauf, als die Proteste nicht aufhörten, die gesamte Seite aus dem Netz.

Dort tummelte sich unter „Optimale Ernährung und De­tox“ auch Pete Evans. Der prominente Paleo-Koch und QAnon-­Apostel aus Byron Bay hatte vorige Woche einen Comic mit dem Nazi-Sonnenrad gepostet. Buchketten und TV-Sender schmissen ihn daraufhin raus. Er fühlt sich als Opfer, denn das Wort „Neonazi“ musste er angeblich erst mal googeln. Immerhin macht er „research“.

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Anke Richter ist Wahrheit-Kolumnistin, Buch-Autorin und Mitglied von Weltreporter.net in Neuseeland. Zuletzt erschien von ihr die Auswanderersatire "Was scheren mich die Schafe. Unter Neuseeländern - Eine Verwandlung" (Kiepenheuer & Witsch).

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

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