Die Wahrheit: Religiöse Veganer
Neues aus Neuseeland: Geldscheine aus Rindertalg müssen nicht sein, meint der oberste hinduistische Gemüseknabberer in Aotearoa.
Seit mein Sohn Vegetarier geworden ist, weil die Südseeatolle in Neuseelands Nachbarschaft bald vom ansteigenden Meeresspiegel überschwemmt werden und auch unsere Gletscher schmelzen, habe ich meinen Fleischkonsum brav reduziert. Ich bin neuen Proteinquellen gegenüber äußerst aufgeschlossen. Gerade erwärme ich mich für das hiesige Sortiment von „Eatcrawlers“, zum Beispiel schokoladenüberzogene Taranteln und Mehlwürmer in Teriyaki-Soße.
Insektenknabbern hilft zwar dem Klimaschutz, aber nicht den Veganern. Die haben es im Land der Schafe, wo Milch und Honig fließen und Possumpelz als öko gilt, nicht leicht. Vor allem, wenn sie obendrein noch Hindus sind und Kühe ihnen heilig. Die „Universal Society of Hinduism“, die in erster Linie aus ihrem Präsidenten Rajan Zed besteht, bekämpft daher unsere Geldscheine. Zed stört sich daran, dass dem Polymerpapier bei der Herstellung Rindertalg beigemischt wird.
Schon vor zwei Jahren hatte der religiöse Einzelkämpfer sich dieses Missstandes angenommen – auch in Australien, Großbritannien und Kanada. Dann schoss er sich auf Brauereien ein, die hinduistische Symbole auf ihren Bieretiketten verwenden. Und jetzt ist Zed wieder da und fordert erneut veganerfreundliche Banknoten fürs säkulare Neuseeland, die keine religiösen Gefühle verletzen. Denn wer kann schon ständig nur mit Münzen bezahlen, um Kühe zu retten?
Nicht Kühe, sondern Hühner haben die Veganer in Palmerston North letzte Woche zum Protest getrieben. Die Stadtverwaltung hatte ein Straßenfest mit einer Kunstaktion geplant. „Let’s egg up Cuba Street!“, hieß der Event. Besucher sollten gemeinsam Spiegeleier als Wandbilder auf Fassaden und den Bürgersteig malen, um die trostlose Kleinstadt optisch aufzupeppen. Doch eine engagierte Tierschützerin schritt ein: Mit dieser Optik würde die KZ-artige Hühnerhaltung auf den Höfen rund um „Palmy“ beschönigt.
Stadtrat und Sponsoren knickten ein. Um keine grausamen Essgewohnheiten zu unterstützen und Geflügelseelen zu quälen, wurde die Aktion umgetauft in „Adopt a dot“ (adoptiert einen Punkt): Rund dreißig Hobbykünstler malten lieber bunte Punkte aufs Pflaster. Keins sah aus wie ein Ei. Am Freitag ist übrigens Internationaler Frauentag, dann wird dort eine Puppen- und Maskenparade stattfinden – die aber hoffentlich nicht verhindert wird, falls Puppen jemandem aufstoßen. Kindern zum Beispiel?
An diesem Sonntag beginnt dann noch das GODZone Adventure Race in Akaroa, einem kleinen Ort auf der Südinsel: Ein siebentägiges Rennen, Rudern und Radeln durch die Wildnis, bei dem auch das „Nutrient Rescue Racing“-Team dabei ist. Das stärkt sich auf den 530 Kilometern der Outdoor-Tortur nur mit Pflanzenkost, um zu beweisen, dass Veganer weder „blass“ noch „schwach“ sind. Beides würde ich nie behaupten. Man sollte immer vorsichtig damit sein, was man über Missionare sagt.
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Leser*innenkommentare
satgurupseudologos
nicht alle veganer sind religiös.die meisten sind es nicht.
die religion steht ,zumindest dann wenn sie richtig verstanden wird auch nicht in einem konkurrenzverhältnis mit der vernunft .und die letztere ist für die begründung ethischer normen wie überall sonst,so auch im bereich des tier,arten natur und klimaschutzes trotz ihrer unvolkommenheit hinreichend.
ethische normen beruhen nicht auf religiösen offenbarungen
sie sind mit dem licht der natürlichen vernunft erkennbar.
darum sollte die ökumene auf fragen der moral begrenzt sein.
über theologische meinungsverschiedenheiten zu streiten ist eine albernheit
da die wirkliche bedeutung der jeweiligen religiösen lehre sowieso nur von wenigen erleuchteten oder der erleuchtung nicht mehr allzu fernen menschen verstanden werden kann.
für die welt genügt es,wenn die mit der vernunft einsehbaren argumente die für den klima,natur ,arten und tierschutz sprechen verstanden werden.
dass es darüber hinaus auch noch religiöse gründe gibt,braucht nicht jede(r) zu verstehen.
mowgli
Zitat: „Man sollte immer vorsichtig damit sein, was man über Missionare sagt.“
Wieso? Weil sie einen anderenfalls in den Kochtopf stecken?
So viel Rücksichtnahme haben Missionare nicht mal dann verdient, wenn sie auf Klima-oder Frauenrettungsmission sind. Schließlich ist Frauen und dem Klima immer noch am besten gedient, wenn man ihnen hilft, sich selbst zu retten. Und wenn man sie schon nicht befragen will dazu, was sie gebrauchen können für ihre Selbstbehauptung, dann sollte man sie einfach nur in Ruhe lassen. Das Klima und die Frauen sind nämlich allein immer noch stärker als mit „Freunden“, die ihnen auch nur Vorschriften machen wollen. Auch, weil sie sich lieber mit fremden Problemen beschäftigen als mit ihren eigenen.