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Die WahrheitKeine Beleidigung, bloß ein Adjektiv

Kolumne
von Pia Frankenberg

Allein gegen die Gesetzmäßigkeiten der sozialen Medien zu stehen ist schwierig. Genauso schwierig wie die Regeln der Sprache – weiß die AfD.

D er Versuch, im Alleingang gesellschaftlich beliebten Ritualen zu entgehen, ist meistens aussichtslos. Beschließt man beispielsweise, den Jahreswechsel im Bett zu verpennen, statt enthemmt rumzufeiern, hat sich bei Twitter vermutlich längst eine Ritualverweigerer-Trendgruppe gebildet, die innerhalb einer Nanosekunde drei Millionen Follower findet und sich unter dem Hashtag #kissmyrituass oder etwas ähnlich Originellem zum Dauerschlaf verabredet.

So was entgeht mir, weil ich hoffnungslos rückständig bin und beim Twittern ein Totalausfall, aber wann immer ich das Wort „Hashtag“ höre, muss ich an „Hash Browns“, die amerikanische Version von Rösti denken.

Keine Ahnung, warum, unergründlich bleiben die Schaltstellen des menschlichen Gehirns, doch da Essen ja was Geselliges ist und Twitter als Teil der sozialen Medien moderne Geselligkeit verkörpert, warum nicht?

Alarmierend unsozial

Neulich klagte ein Freund, er empfinde die sozialen Medien als alarmierend unsozial, und ich dachte, vielleicht würde es ja helfen, eine Trendgruppe #Hashbrowns aufzumachen, wenn im endlosen Dauergezwitscher wieder über die Stränge geschlagen wird.

Das gäbe der Hass- und Streitcommunity beim virtuellen Bratkartoffelessen die Gelegenheit, Pause zu machen und sich dabei wenigstens kurz das Maul zu stopfen.

Andererseits ist es natürlich zu begrüßen, dass Menschen ihren Gedanken freien Lauf lassen, denn das führt nicht selten zu glänzenden Fundstücken, die es aus der virtuellen Medienwelt bis in die Zeitung schaffen.

Diesmal fiel mir beim jahresendlichen Schreibtischaufräumen ein solches Juwel in die Hände: ein Ausschnitt, den ich vor Wochen beeindruckt in der Schublade für „Irres Zeug“ abgelegt hatte.

„Das Wort nicht als Subjektiv benutzt“

Der Berliner AfD-Abgeordnete Andreas Wild hatte damals die Welt via Facebook wissen lassen: „Ich will mich nicht länger von verantwortungslosen Unfruchtbaren regieren lassen.“

Auf Nachfrage des Tagesspiegel antwortete er: „Ich habe nicht Frau Merkel als Unfruchtbare bezeichnet, ich habe das Wort als Adjektiv, nicht als Subjektiv benutzt.“ Auf die Frage, ob er es für angebracht halte, die Kanzlerin zu beleidigen, erklärte er anschließend schmissig: „Das ist keine Beleidigung, das ist ein Adjektiv gewesen!“

Man darf gespannt sein auf weitere Wortschöpfungen von der um den Erhalt des Deutschen besorgten AfD. Im Moment ist davon auszugehen, dass Sprachadjektivisten die sozialen Kanäle auch in diesem Jahr mit gequirltem Schwachsinn zumüllen werden.

An dieser Stelle möchte ich jetzt noch einmal darauf hinweisen, dass der vorangegangene Satz Subjektive und Beleidigungen enthält, die aber als Adjektive benutzt werden!

Wie sich das Regiertwerden durch kinderreiche Regentinnen anfühlen kann, lässt sich am verantwortungsvollen Regierungsstil der vierfachen Mutter Imelda Marcos oder der Hugenottenschlächterin Katharina von Medici – neun Blagen – nachlesen. Auf ein fruchtbares 2017!

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