Die Wahrheit: Mittelaltgesellinnenabschied
Eine Hochzeit steht bevor. Und eine Trauzeugin hat viele wichtige Aufgaben. Aber muss sie wirklich nackt in der Sauna herumlümmeln?
E s ist schön, wenn Menschen aus den richtigen Gründen heiraten. Mir selbst ist zwar noch keiner eingefallen, aber ich freue mich sehr für Freunde, deren Finanzheini ausgerechnet hat, dass sich ihre Eheschließung lohnt. Groß also war meine Freude, als die beste Freundin endlich einwilligte, den Mann zu ehelichen, der ihr schon vor Jahren zugelaufen war.
Vor dem Job der Trauzeugin war ich nicht bange, denn in unserem Alter macht man da ja nicht mehr viel Trara. Es sollte bloß eine kleine Feier im engsten Kreis geben, der sich allerdings schon Minuten nach der Bekanntgabe des freudigen Ereignisses erstaunlich ausdehnte. Egal, die tausend Kleinigkeiten, um die sich eine Trauzeugin zu kümmern hat, blieben schließlich dieselben.
Wenigstens war das Brautpaar so vernünftig, jedes Auflodern von Junggesellinnenabschiedsabsichten zu ersticken: Nein, bitte keine Stripper, gesoffen haben wir auch schon genug in unserem Leben, außerdem wird es terminlich eh zu knapp. Genau solche Bedenken befeuern jedoch meinen kranken Ehrgeiz. So plante ich zunächst den Junggesellenabschied, da der zuständige Trauzeuge schon mit der eigenen Lebensplanung überfordert war.
Wie mir vom eigenen Partner versichert wurde, war der Abend ein voller Erfolg. Das von mir ausgeklügelte System von Paintball, Fast Food und Rockerkneipe erwies sich als goldrichtig. Nach diesem erfolgreichen Test erwog ich eine Wiederholung des Unterhaltungsprogramms für die Ladys. Gut, der Überraschungseffekt war dahin, aber es stellte sich heraus, dass auch die Damen für alternative Bespaßung zu haben sind. Jetzt nicht unbedingt für Paintball. Und so spät abends schon gar nicht, wegen der Kinder. Oder ob man die mitbringen könne, aber dann lieber zum Ponyreiten? Als ich darauf hinwies, dass Ponyreiten keinesfalls zur Debatte stünde, fiel diversen Frauen ein, dass sie an dem Termin doch nicht konnten.
Irgendwann gefiel allen die Idee, sich doch ganz klassisch in die Therme zu fläzen – bloß länger als sonst und mit Essen. So richtig schön halt. Sauna ist nicht meins. Ich geniere mich nicht vor Fremden, vielmehr befürchte ich, Bekannte zu treffen, bei denen es mir vollkommen gereicht hat, sie einmal nackt sehen zu müssen. Was soll das für ein alternativer Junggesellinnenabend sein, wenn statt der Chippendales die Amateure anrücken? Mein letztes Angebot an die blöden Weiber war: „Macht das doch ohne mich!“ Seither ist die WhatsApp-Orga-Gruppe gespalten. Die einen nennen mich beleidigte Leberwurst, die anderen wollen eine Weinprobe (alkoholfrei).
Ich ziehe mich derweil in eine bessere Welt zurück, nach Westeros. Nach erneuter Ansicht der dritten Staffel „Game of Thrones“ kann ich den alten Walder Frey gut verstehen. Wahrscheinlich plante der auch etwas ganz Schönes für seine Tochter und ihren Edmure Tully, aber irgendwann geriet e, durch die 40 Meinungen seiner 18 Frauen in diesen unschönen Blutrausch. Hätten die sich mal besser beim Paintball abreagiert, vorher.
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