Die Wahrheit: Hoppla, jetzt komm ich!
Möglichkeiten, das eigene Fortkommen im Straßenverkehr zu beschleunigen gibt es viele, doch leider sind die wenigsten legal.
N eulich hörte ich, dass ein Berliner Senatsmitglied in den 80ern angeblich heimlich eine Grüne- Welle-Ampelschaltung entlang seines privaten Arbeitswegs einrichten ließ, um nicht immer zu spät im Rathaus aufzutauchen.
Das ist natürlich ein dickes Ding, aber in seiner Unverfrorenheit fast schon wieder sympathisch. Gern hätte ich gesehen, wie der (in meiner Vorstellung gediegen rundliche) Mann seinen Bleifuß in den VW Passat schleppt, die Grünphasen entlangprescht und schief und bollerig „Hoppla, jetzt komm ich!“ mitsingt, dessen Text übrigens von Max Colpet (“Sag mir wo die Blumen sind“) stammt: „Wenn dir die Straße verstellt ist / spring über alles hinweg / Hoppla, jetzt komm ich! /Alle Türen auf, alle Fenster auf / und die Straße frei für mich!“
Wenn ich noch ein Auto hätte, dann würde ich allerdings ein aufsetzbares Magnet-Blaulicht der persönlichen grünen Welle vorziehen. Man verbindet das Blaulicht einfach per Spiralkabel mit dem Zigarettenanzünder, und voilà – tatütata. Und dann das Kind vom Blockflötenunterricht abholen oder den Freund vom Treffen der Anonymen Alkoholiker. Vielleicht könnte man sich derart ausgestattet sogar mal an eine dieser Autokolonnen hängen, die zuweilen – flankiert von steifen Motorradpolizisten – durch Berlin sausen und hinter verdunkelten Scheiben Staatsoberhäupter aus Todesstrafe-Ländern hin- und hertransportieren. Mal sehen, wann die merken, dass sich ein Louis-de-Funès-Auto unter die Panzerglas-Sicherheitseskorte geschmuggelt hat.
Leider ist das Betreiben jener kleinen, sogenannten „Rundumkennleuchten“ im öffentlichen Verkehrsbetrieb verboten, der Schupo versteht da keinen Spaß. Was noch nicht verboten ist, und vor zwei Wochen demzufolge gleich unter meinem Weihnachtsbaum lag, ist ein privates LED-Buchstaben-Laufband, mit dem man sich prima zu Hause Nachrichten schicken kann: „Bad putzen!!! … Bad putzen!!! … Bad putzen!!! …“ Gefolgt von genüsslich nach und nach fallenden Buchstaben: „Ich hab letzten Monat nämlich schon ZWEIMAL“ (das „zweimal“ bleibt kurz stehen und blinkt) „alles geputzt …“. Oder man schreibt sich selbst einen LED-Einkaufzettel. „Äpfel … Bier … Tampons …“, bis man endlich mal dran denkt. Auch diese LED-Laufbänder lassen sich übrigens an den KFZ-Zigarettenanzünder anschließen, um dann „Es ist grü-hün!“, „Follow me“ oder „Noch so ’n Spruch – Kieferbruch“ einzuprogrammieren, je nachdem, wie albern man ist.
Als ich noch ein Auto hatte, wollte ich ihm unbedingt „Car Lashes“ ankleben, lange künstliche Wimpern, die man an den Frontscheinwerfern befestigt, und die aussehen, als hätte das Auto sich Schminktipp-Tutorials von Dagi Bee zu Herzen genommen. Aber das war selbst mir ein wenig zu unreif. Andererseits: Den Zeugen möchte ich sehen, dem geglaubt wird, dass ihm die Vorfahrt von einem alten Wagen mit falschen Wimpern und der Nachricht „Wer das liest ist doof“ auf dem Autodach genommen wurde. Da ist doch wohl jetzt schon klar, wer zuerst ins Röhrchen pusten muss.
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