Die Wahrheit: Die Rosen des Rilke

„Rose, oh reiner Widerspruch“ – das steht auf Rainer Maria Rilkes Grabmahl. Die schönsten Dichter-Anekdoten der Welt – mit Kalauern.

Tauchen ständig auf in der Poesie: Rosen. Bild: dpa

Rätselhaft sind die Worte, die auf Rainer Maria Rilkes Grabmal auf dem Friedhof von Raron (Wallis) eingraviert sind: „Rose, oh reiner Widerspruch“. Die Herkunft der Zeile scheint aber nun geklärt: Auf dem Dachboden des Schlosses derer von Thurn und Taxis im italienischen Duino fanden sich Tagebücher der Rilkefreundin und -gönnerin Fürstin Marie von Thurn und Taxis, in denen diese von tiefgreifenden Kontroversen berichtet, die sie auf Duino mit ihrem daselbst die „Duineser Elegien“ dichtenden Gast ausgefochten habe, wobei sie an Rilkes Gedichten vor allem deren blumige Sprache bemängelt habe.

„Ständig kommen Blumen in deinen Gedichten vor“, habe sie Rilke vorgehalten, schreibt die Durchlaucht, „hier eine Narzisse, da eine Kamelie, dort eine Rose. Oh Rainer! Widerspruch lege ich dagegen ein!“ Daher also der merkwürdige Spruch.

Großer Beliebtheit erfreuten sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die in zahllosen Auflagen verlegten Anekdotensammlungen des heute vergessenen Wilhelm Schäfer, der derart besessen auf sein Thema fixiert war, dass er an nichts anderes denken konnte. „Das ist doch schon krankhaft“, befand denn auch ein Freund Schäfers, „der ist derart besessen auf sein Thema fixiert, dass er an nichts anderes denken kann. Der hat doch nur noch eins im Kopf: Ideen gesucht – anekdot oder lebendig.“

Als Gründer und Leiter der „Gruppe 47“ wahrte Hans Werner Richter allzeit die Form und Façon. Autoren zu vergraulen und zu kritisieren überließ er anderen, wobei sich schon früh Marcel Reich-Ranicki auszeichnete und mit seinen Verrissen Furcht und Schrecken unter den Autoren verbreitete, die im Rahmen der legendären Tagungen ihre Werke zur Diskussion stellten. Auf den Punkt brachte die Konstellation während des berühmten Treffens in der Pulvermühle zu Waischenfeld in Oberfranken im 1967er Jahr ein ungenannt bleiben wollender Autor (Dürrenmatt), der, als Richter und Reich-Ranicki nach dem Ende der Pause in den Tagungsraum zurückkehrten, zischte: „Achtung, da kommen sie: der Richter und sein Henker!“

Regelmäßig trafen sich die Angehörigen der DDR-Untergrund-Literatur in wechselnden Wohnungen des Ost-Berliner Bohemebezirks Prenzlauer Berg, um bis in die tiefe Nacht hinein zu diskutieren, sich experimentelle Texte vorzutragen und zu saufen. Zu vorgerückter Stunde erwies hin und wieder auch der Grand Old Man der Szene, der anarchistische Dichter Erich Arendt, dieser die Ehre. Adolf Endler, der Nestor vom Prenzlberg, sprach zum Gruß einmal leicht angeduselt die Worte: „Je später der Arendt, desto voller die Gäste.“ Der unverzichtbar anwesende Sascha Anderson, in Personalunion Dissident und Spitzel der Stasi, meldete dieser den Vorfall gleich am nächsten Morgen, und zwar wörtlich.

Unangenehm fiel auf, dass sich Michael Lentz, Theo Sommer, Alban Nikolai Herbst und Leon de Winter anlässlich irgendeiner Tagung im Münchner Hotel Vier Jahreszeiten als unzertrennliche Kleingruppe permanent von allen anderen Anwesenden separierten.

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