Die Wahrheit: Die Scientologen-Gitarre
Eine Sekten-Gitarre wird auch dann gekauft, wenn damit vielleicht ein Achtel „E-Meter“ oder der Druck von 17 Seiten Hubbard-Biografie mitfinanziert wird.
M anchmal hat man Glück. So finde ich Tom Cruise als Schauspieler erstaunlich abstoßend, weswegen es mir auch wurscht sein kann, ob er einer albernen Kasperreligion angehört, die sich ein gewinnorientierter Ex-Science-Fiction-Autor aus Mangel an beruflichen Alternativen ausgedacht hat.
Auch egal konnte es mir demzufolge sein, als die Junge Union vor einigen Jahren vor Kinos, in denen Cruise-Filme liefen, Anti-Scientology-„Demonstrationen“ abhielt. So ballaballa und gefährlich die Hubbard-Jünger in meinen Augen auch sind, konnte ich die JU-Demo doch nicht ernst nehmen.
Allein schon, weil es kaum etwas Absurderes gibt, als wenn Jung-CDUler demonstrieren. Das Konzept „Demonstration“ – was bedeutet, dass man öffentlich Unzufriedenheit äußert und etwas ändern will – steht ja bekanntermaßen den Glaubenssätzen dieser angepassten Jasager-Organisation diametral entgegen.
Ähnlich egal wie Tom Cruise waren mir bisher auch „Taylor“-Gitarren. „Taylor“ ist die jüngste der großen amerikanischen Qualitätsgitarrenfirmen. Die Taylor-Instrumente sind bei vielen, auch bei Profis, sehr beliebt. Bei mir nicht. Erstens klingen sie scheiße, zumindest in meinen Ohren, und zweitens ist auch Kurt Listug, einer der beiden Taylor-Chefs, ein überzeugter Scientologe, was man auf seiner Scientology-Homepage nachlesen kann (http://scientologist.myhomepage.org/kurtlistug/).
Dort ist übrigens auch sein Lieblingszitat von L. Ron Hubbard zu finden: „True Greatness merely refuses to change in the face of bad actions against one – and a truly great person loves his fellows because he understands them.“ Äh ja, klar: In allen vier Ecken soll Liebe drinstecken. Oder so. Aber wie gesagt, bis jetzt war mir das alles humpe, weil ich aufgrund des Sounds nie auf den Gedanken gekommen wäre, mir eine Taylor zu kaufen.
Nun begab es sich aber vor Kurzem, dass ich in einem Gitarrenladen auf eine kleine Gitarre stieß, die mir überraschend viel Freude bereitete: kompakt, entspannt spielbar und für ihre geringe Größe im Sound überraschend holzig, wuchtig und altmodisch. Liebe auf den ersten Riff. Nur schade, dass es sich um eine Taylor handelte. Und nu?
Ich wollte die Gitarren aber haben. Menno! Mir doch egal, ob vom Kaufpreis hummzich Euro an Listug und davon dann vielleicht zehn Prozent an Scientology gehen. Ich warf mich mental auf den Boden und strampelte mit den Beinen – und verfluchte meine strengen konsumistischen Polit- und Moralstandards.
Um es kurz zu machen: Ich habe die Sekten-Gitarre gekauft. Auch wenn ich damit vielleicht ein Achtel „E-Meter“ oder den Druck von 17 Seiten Hubbard-Biografie mitfinanziert habe. Sorry, ich bin eben auch nur ein Mucker. Gebt mir ’ne schöne Gitarre, und ich verrate meine Oma. Was soll ich machen?
Aber ich überlege schon die ganze Zeit, wie ich dafür Abbitte leisten könnte. Vielleicht kucke ich mir zur Strafe doch „Oblivion“, den neuen Tom-Cruise-Film an. Wobei man es mit der Selbstgeißelung auch nicht übertreiben soll …
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