Die Wahrheit: Höckerfreie Kamele
Globale Rechtsberatung bei der Wahrheit: Warum Sie in Turkmenistan unbedingt Eierkuchen, in Gambia aber Stühle meiden sollten.
Die meisten Menschen brauchen Regeln, um sich im eigenen Leben zurechtzufinden. Dieses Bedürfnis befriedigt Vater Staat mit täglich neuen Gesetzen, Verordnungen, Erlassen und Ausführungsbestimmungen. Da die Welt aber in rund 200 Staaten mit jeweils eigener Rechtssprechung aufgeteilt ist, existieren mittlerweile Millionen von Regeln, die kein Bürger auswendig lernen oder immer mit sich tragen kann. Darum präsentiert die Wahrheit eine kleine Gedächtnisstütze für alle, die im globalisierten Paragrafendschungel zu ihrem Recht finden wollen.
Kinder
In Österreich übernehmen die Gastwirte keine Haftung für Kinder, die von den Gästen am Garderobenhaken aufgehängt wurden. Dies hat der Oberste Gerichtshof letztinstanzlich entschieden. Geklagt hatte ein Mann, der vor 67 Jahren am Garderobenhaken mit einem anderen Kind vertauscht worden war und sich nach dem Beislbesuch statt in einer großbürgerlichen Villa im Kellerloch eines Flüchtlingsheims wiederfand.
Stühle
Sich auf einen Stuhl zu setzen, ist in Gambia ein Kapitalverbrechen, da Stühle als Emanationen der Allerhöchsten Gottheit gelten und man ihr niemals die Kehrseite zuwenden darf.
Eierkuchen
Wer Eierkuchen isst, kommt in Turkmenistan hinter Schloss und Riegel, weil diese Straftat auf aufrührerische Weise an Friede und Freude erinnert und als ironische Spitze gegen die weise Staatsführung verstanden wird.
Pauschalurteile
In Neuseeland sind Pauschalurteile über fremde Völker und Volksgruppen ab sofort mit Geldstrafe bewehrt, da auch positiv gemeinte unzulässig verallgemeinern und Vorurteile bedienen.
Kartoffeln
Seit dem Flugzeugabsturz bei Smolensk 2010, bei dem Staatspräsident Lech Kaczynski und andere Amtsträger ums Leben kamen, ist es in Polen allen Köchen untersagt, Kartoffeln zu Kartoffelbrei zu zerstampfen.
Beweismittel
Zeugenaussagen, die zugunsten des Angeklagten sprechen, werden auf den Philippinen als Beweismittel gegen den Zeugen verwendet.
Rechtsbeugung
Rechtsbeugung ist in Ägypten selbstverständlich strafbar, es sei denn, es handelt sich gar nicht um Rechtsbeugung.
Geschlechtsverkehr
Unter den Exiltibetern in Nordindien wird Freude beim Geschlechtsverkehr mit dem Ausstoß aus der Gemeinschaft geahndet, da nach buddhistischer Lehre das irdische Dasein leidvoll ist.
Gewalt gegen Sachen
Wer Gewalt gegen Sachen nicht ablehnt, wird in Äquatorialguinea als Sache behandelt.
Kamele
Im Oman arbeiten in staatlichem Auftrag Genetiker an einem höckerfreien Kamel, da die Höcker an den Busen einer Frau erinnern könnten und somit die öffentliche Ruhe und Ordnung zu untergraben geeignet sind.
Jubel
Wer in Nordkorea dem Obersten Führer der Demokratischen Volksrepublik Korea Kim Jong Un begeistert zujubelt, wird in ein Umerziehungslager gesteckt, wo ihm beigebracht wird, wie man dem Obersten Führer der Demokratischen Volksrepublik Korea Kim Jong Un noch viel begeisterter zujubelt.
Demonstranten
Von Polizisten begangene Straftaten gegen Demonstranten werden in Deutschland staatsanwaltlich verfolgt, es sei denn, es handelt sich nicht um Straftaten, da sie von Polizisten gegen Demonstranten begangen wurden.
Religion
In Tuvalu ist es verboten, Gott anzubeten, da Religion als sündiges Menschenwerk gilt.
Haustiere
Haustiere, die einen Rufnamen haben, gelten im Volksrecht der Papua als Menschen und dürfen gegessen werden.
Polizeigewalt
Wer in Weißrussland Opfer von Polizeigewalt wird, wird angezeigt.
Frauen
In Bahrain dürfen Frauen im Auto nicht am Steuer sitzen, sondern müssen im Kofferraum transportiert werden.
Blasphemie
Wer im Vatikan die Füße zum Gebet faltet, kommt wegen Blasphemie vor den Heiligen Stuhl, es sei denn, er kann unverschuldete Handlosigkeit nachweisen.
Unterwelt
Betrug, Erpressung, Raub, Körperverletzung und Mord sind in der japanischen Unterwelt gesetzlich geregelt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste