Die Wahrheit: Quatsch mit roter Soße
Nirgendwo tummeln sich so viele Irre wie bei der Linken. Die lässt die deutsche Parteienlandschaft noch bizarrer erscheinen, als sie schon ist.
![](https://taz.de/picture/82747/14/gysi_18.jpg)
Über Geld, Geschlechtskrankheiten und die Partei, die man wählt, soll man bekanntlich nicht reden. Aber gut, probieren wir es trotzdem: Für diesen Artikel bekomme ich etwa siebzig Euro, Geschlechtskrankheiten habe ich nicht und mein staatsbürgerliches Kreuz mache ich, seit ich wählen darf, immer bei der Linken oder Linkspartei oder PDS oder wie sie sonst gerade heißt. Doch mit Letzterem ist jetzt Schluss.
Nicht, dass der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung mir die Partei nicht nach wie vor ans Herz legen würde, aber dabei wird ja auch sträflicherweise nicht erfragt, wie wichtig einem die geistige Gesundheit der Kandidaten ist. Von Gregor Gysi höchstselbst stammt das hübsche Bonmot, dass es in jeder Partei fünf bis zehn Prozent Irre gebe – doch wohl in keiner anderen Bundestagspartei haben es so viele politische Blindgänger, Hornochsen und Sektierer ins Parlament geschafft. Vor allem, wenn vom „linken Flügel“ die Rede ist, will man als Linker am liebsten gar nicht mehr links sein.
Dafür muss man nicht erst jenes unwürdige Schauspiel bemühen, bei dem zwei ausländische Journalisten unter Anwesenheit der Abgeordneten Groth, Höger, Hänsel und Haydt dem Fraktionsvorsitzenden Gysi auflauerten und ihn bis auf die Toilette verfolgten. Die Anzeichen, dass es sich bei der Linken um eine Partei gewordene Klapsmühle handelt, mehren sich seit Jahren – wobei einigen Mandatsträgern offenbar schon das Wort „Frieden“ genügt, damit der Restverstand willig die Waffen streckt.
Kürzlich hatte die friedenspolitische Sprecherin der Fraktion Christine Buchholz mit einem Foto um Aufmerksamkeit geheischt, auf dem sie ein Schild mit der so mutigen, kritischen wie sinnfreien Botschaft hielt: „Solidarität mit dem Widerstand in Kobane! US-Bombardement stoppen!“ Ein Irrsinn, gegen den selbst Martin Sonneborns Satire-Partei Die Partei seriös erscheint.
Krude Theorien
Und als sich im Frühjahr jeder, der nur halbwegs bei Trost war, verdutzt die Augen rieb ob der kruden Theorien, die bei den sogenannten Montagsdemos für den Frieden geäußert wurden, da ließ sich der Abgeordnete Andrej Hunko, unterstützt von weiteren Genossen, nicht zwei Mal bitten, zur Teilnahme an diesen Selbsthilfegruppen der Verschwörungsabhängigen und Chemtrailopfer aufzurufen.
Im Grunde können einem die Parteivorsitzenden Kipping, Riexinger und Fraktionschef Gysi nur leidtun: Wie die Kindergärtner einer Horde Schwererziehbarer mit ADS müssen sie ihre Rasselbande permanent am Ausbüxen hindern.
Da ist die Sprecherin für internationale Beziehungen Sevim Dagdelen, die in russischen Staatsmedien gern erzählt, wie schlimm der Westen sei. Da ist der singende Abgeordnete Dr. Diether Dehm, der glaubt, dass die deutschen Medien von US-Geheimdiensten gesteuert seien und dass wir in einer Welt ohne Antisemitismus leben. Denn: „Antisemitismus ist Massenmord und muss dem Massenmord vorbehalten bleiben“, wie er einst in einem Redebeitrag schwadronierte.
Eine anderslautende, aber nicht minder originelle Definition des Antisemitismusbegriffs hat Dehms Fraktionskollege Wolfgang Gehrcke auf Lager: Antisemitismus sei es, wenn man Israel nicht kritisiere, so Gehrcke. Ein Vorwurf, den man ihm und nicht wenigen seiner Genossen nun wahrlich nicht machen kann. Denn gerade wenn es um Israel geht, nehmen die Ausfälle der Linken touretteartige Ausmaße an.
Als Linke auf dem Frauendeck
So trug die Abgeordnete Inge Höger – die sich mittlerweile fast so schnell entschuldigen kann, wie sie entgleist –, auf einer Konferenz von Hamas-Sympathisanten einen Schal, der den Nahen Osten ohne Israel zeigt. Und gemeinsam mit ihrer Kollegin Annette Groth versuchte sie im Jahr 2010, an Bord der Gaza-Flottille die israelische Sicherheitsblockade zu durchbrechen. Wobei es für die menschenrechtspolitische Sprecherin der Linksfraktion Groth anscheinend kein Problem war, sich von türkischen Islamisten aufs Frauendeck verfrachten zu lassen.
Klar, dass bei solchen Vorbildern der Parteinachwuchs nicht nachstehen will: Als der Jugendverband der nordrhein-westfälischen Linken im Sommer zu einer propalästinensischen Demo rief, kam es dort zu „Kindermörder Israel“- und „Adolf Hitler“-Rufen. Übergriffe auf eine israelfreundliche Kundgebung in der Nähe konnten nur durch Polizisten verhindert werden. Doch statt dem Parteinachwuchs den Hosenboden strammzuziehen, wie es sich gehört, erklärten sich neun der zehn NRW-Abgeordneten im Bundestag mit den süßen Kleinen solidarisch.
Und so ist das Problem der Linkspartei auch nicht der „klägliche Rest dessen, was zum Glück überwunden ist“, wie Drachentöter Wölfchen Biermann es nennt, sondern der nicht gerade unerkleckliche, äußerst gegenwärtige Anteil derer, die sich als parlamentarischer Arm der Hamas in Deutschland gerieren. Ach, herrje! Fast wünscht man sich als Autor, man hätte eine anständige Geschlechtskrankheit vorzuweisen, über die man sich stattdessen hätte auslassen können – so unappetitlich ist das alles.
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