Die Wahrheit: Endlich ausgehobbit
Neues aus Neuseeland: Die letzte filmische Tolkien-Schlacht hat begonnen – Aotearoa ist erlöst vom LOTR-Hype.
H obbit-Fans strömten ins Kino, Hobbit-Hasser atmeten auf: „Die Schlacht der fünf Heere“ ist gestartet und damit die Attacke der sechs Tolkien-Filme für immer vorbei. Bei aller Liebe für Elfen und Zwerge, für Zauberer und Orcs – aber 15 Jahre Mittelerde sind genug, trotz all der Oscars. Erbarmen, liebe Fabelwesen! Sonst wachsen uns noch Haare an den Füßen und unsere Häuser werden zu Höhlen. Jetzt herrscht langsam wieder Hobbit-Freiheit für Aotearoa. Darauf schmauchen wir uns ein schönes Gandalf-Pfeifchen.
Anderthalb Millionen Zuschauer strömten in Deutschland seit voriger Woche trotz gemischter Kritiken in die Kinos. Hier, in der Geburtsstätte der beiden Trilogien, hielt sich der Ansturm zurück. Und das, obwohl „The Lord of the Rings“, kurz LOTR, zur neuen Staatsreligion im säkularsten Land der Welt wurde und der größte Hype, bevor Sängerin Lorde uns erlöste.
1999 begannen die ersten Dreharbeiten; jeder gefühlte zweite Kiwi war involviert. Pathos und Patriotismus wuchsen schneller, als das Kaff Matamata sich „Hobbiton“ nennen konnte. Doch nach all der Anfangseuphorie ist es erstaunlich ruhig um den letzten cineastischen Zwergenaufstand geblieben. Ermüdung oder Erleichterung?
Man kann endlich wieder in Wellington landen, ohne dort von gigantischen Adlern und Schwertern begrüßt zu werden, die von der Decke hängen. Unsere Hauptstadt nennt sich nicht mehr „Middle of Middle Earth“. Jetzt darf man ungestraft zugeben, dass man sich nicht alle 17 Stunden an Schlachten und Dramen reingezogen hat. Dass man Bifur nicht von Bofur, Nori nicht von Ori und Narzug nicht von Yazneg unterscheiden kann. Vielleicht kann man sogar fragen, ob es wirklich nötig war, Warner Brothers 67 Millionen Dollar Steuerfreiheit einzuräumen, damit sie Neuseeland so schön als Kulisse vermarkten.
Aber egal – es ist vorbei. Allerdings nicht für alle. William Kircher, der den Zwerg Bifur in „Der Hobbit“ spielt, kann den Rest seines Lebens damit verbringen, für gutes Geld auf Film- und Fantasy-Messen aufzutreten. Allein im letzten Jahr tauchte er von Kanada bis Kopenhagen bei „Hobbitcon“ oder „Ringcon“ auf, manchmal vor über 5.000 Fans. Air New Zealand lud 150 der knallhärtesten Tolkien-Verehrer zu den Originalschauplätzen ein. Treffen mit den Darstellern, Kreischen, Tränen vor Aufregung, gar spontanes Nasenbluten. Filmreif!
Der Inder Naresh Kumar lief gerade 87 Tage lang 3.000 Kilometer von Nord nach Süd nur in Sandalen durchs Land, trotzte Schnee und Sturmfluten: ein Jugendtraum, seit er „Herr der Ringe“ erstmals sah. Wer sich nicht für Gollum & Co begeistern kann, wird nie verstehen, was in Abermillionen Köpfen von Peter Jackson losgetreten wurde. Jeder fünfte Neuseeland-Tourist kommt mittlerweile wegen seiner Filme. Es gibt sogar eine Eis-Sorte mit Hobbit-Geschmack.
Im neuen Jahr rollt dann die nächste Invasion aus Hollywood an. Regisseur James Cameron lebt mittlerweile in Neuseeland. Hier entstehen die drei Fortsetzungen von „Avatar“. Blaue Haut statt Zottelbärte? Wir sind bereit.
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