Die Wahrheit: Blendend kompetent
Schurken, die die Welt beherrschen wollen. Heute: Manuela „La“ Schwesig und die Waffen einer Frau, die allein der Sache dienen.
Zeitgemäß frisierte Politik braucht kein Programm, das einem Politiker eines Tages schwer an den Beinen hängt. Wichtiger als Inhalte sind das sympathische Gesicht oben am Kopf, ein paar schöne, leicht verdauliche Satzbausteine für die Medien und für den Wahlkampf eine luftige Parole, die auf alles passt. Die CDU hat sich dafür das Modell Merkel geschaffen.
Die SPD arbeitet noch daran, nachdem das Modell Steinbrück sich selbst zu Schrott gefahren hat. Das alte Format Steinmeier ist einigermaßen abgenutzt, das Muster Oppermann bereits jetzt angekratzt, das Fabrikat Hannelore Kraft ein Auslaufmodell, die Maschine Gabriel zu dick. Edathy hat sich selbst entwurzelt, Torsten Albig ist zu torstig, Malu Dreyer, Stephan Weil et. al. haben außerhalb ihrer Bundesländer keinen Namen.
Manuela Schwesig hat diese Lage rechtzeitig erschnuppert. 1995 zog sie mit einem ihr hervorragend stehenden Diplom in Finanzwirtschaft ins Finanzamt Frankfurt (Oder) ein, schob sich 2000 flott zurechtgemacht ins Finanzamt Schwerin vor und rückte 2002 super gestylt ins mecklenburgische Finanzministerium vor. Da war sie gut gewachsene 28 und verband sich 2003, mit 29, mit der als Regierungspartei topattraktiven SPD.
Gleich 2004 stieß sie aufgrund ihrer eindrucksvollen Performance in die Schweriner Stadtvertretung vor. Dort sicherte sie sich 2007 dank ihrer unübersehbaren Qualitäten den Fraktionsvorsitz der SPD und stieg schon 2008 aufgrund ihrer blendenden Kompetenz in die mecklenburgische Landesregierung auf, als der 25 Jahre ältere Herr und Ministerpräsident Erwin Sellering dem jungen Ding ein irgendwie passendes Ministerium – es war das für Soziales und Gesundheit – zusteckte.
Ein Jahr danach, 2009, befand sich Manuela Schwesig bereits als fachlich ausgewiesene Blondine im Kompetenzteam des reifen Herrn und Kanzlerkandidaten Steinmeier; ebenso gehörte sie 2013 mit ihrem sehenswerten Sachverstand zum Schattenkabinett des in den besten, aber schon allerbesten Jahren festsitzenden Kanzleraspiranten Peer Steinbrück. Der ging bei der Bundestagswahl zwar irgendwo verloren und wurde bis heute nicht wiedergefunden. Aber Angela Merkel (siehe oben) wusste um Manuela Schwesigs reizvolle politische Qualifikationen und lenkte sie als Bundesministerin bildschön in ihr Kabinett.
Da Manuela Schwesig keine Karrieristin ist, sondern ihr bestrickend gut gebautes Engagement allein der Sache dient, ist es klar, dass sie die Waffen einer Frau formvollendet einsetzt, um schnell, weit und hoch voranzukommen. Natürlich besitzt sie, um das Wahlvolk zu bezirzen, einen Mann und ein Kind, was die Trefferquote bei den stimmberechtigten Eltern erhöht.
Um außerdem Heu von christlich disponierten Wählern einzufahren, trat die komplett Konfessionslose 2010 in die evangelische Kirche ein. Gatte und Sohn ließen sich bei der Gelegenheit ebenfalls protestantisch taufen, da es schaden könnte, wenn eines dummen Tages die Öffentlichkeit erführe, dass ein religiöser Riss durch die appetitliche Vorzeigefamilie geht. Obendrein sorgte Manuela Schwesig schon vor ihrer Geburt am 23. Mai 1974 dafür, im Osten geboren zu werden, im obgenannten Frankfurt (Oder), um wichtige Punkte zusätzlich zu ihrer Wahl des korrekten Geschlechts einzutüten.
Auch dass ihre Sprache dem Deutschen ähnelt, macht sie mit der Bevölkerungsmehrheit betörend kompatibel. „Mit den Gesprächspartnern haben wir uns ausgelotet“, schreibt sie auf der schön herausgeputzten Homepage ihres Ministeriums, nachdem sie den „gemeinsamen (!) Dialog mit den Sozialpartnern zum Thema Lohngerechtigkeit gestartet“ hat; vor der Kommunalwahl 2014 versprach sie auf ihrer entzückenden eigenen Website: „Selbstt wierde ich in meiner Heimatstadt Schwerin wählen gehen.“
Alle wohlgeformten Leistungen und überzeugenden Eigenschaften brächten Manuela Schwesig freilich nicht weiter, wenn sie nicht bereit wäre, die eigene Meinung bei Bedarf unters Sofa zu kehren. 2012 etwa verzankte sie sich mit der damaligen Bundesministerin Kristina Schröder, die für Mütter, die ihre kleinen Würmer zu Hause warten und windeln wollen, statt sie in einer Tagesstätte abzulegen, das Betreuungsgeld durchsetzte. Seit Manuela Schwesig den ihr perfekt passenden Ministerhut trägt, sorgt sie schlankweg für die Realisierung von Kristina Schröders Gesetz und darf es nun auch vor dem Bundesverfassungsgericht mit knusprigen Argumenten verteidigen.
Noch ist die Zukunft nicht ausgebrochen. Doch Manuela Schwesig macht sich für sie spätestens seit 2003 zurecht, als sie sich mit dem SPD-Parteibuch einkleidete und auf den Catwalk der Politik übersiedelte. Schließlich sind Gesicht, Figur und Sexappeal in einer tolerant aufgebrezelten Gesellschaft keine hohe Hürde mehr. Schon gar nicht für La Schwesig, die gewaltig kommende Kanzlerkandidatin einer verführerisch modernen Sozialdemokratie!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht