Die Wahrheit: Vorsicht, Abzocke!
Nepper, Schlepper, Bauernfänger: Verbraucher werden mit immer dreisteren Glücksversprechen ruiniert. Ein Report von der Konsumfront.
Verbraucherschützer schlagen Alarm: Immer mehr Trickser sind unterwegs, um ihren Reibach mit uns zu machen. Aus unseren Sehnsüchten und Wünschen wollen sie eiskalt Profit schlagen. Dass die meisten ihrer „Superschnäppchen“ und „Aktionsangebote“ unser Leben nicht bereichern, sondern uns lediglich in die Privatinsolvenz treiben, kümmert die berechnenden Verführer nicht – Hauptsache, ihre Kassen klingeln! Dabei nutzen sie schamlos aus, dass die meisten von uns keinen Schimmer von nichts haben und damit leichte Beute für die Bluffs der abgefeimten Profis sind.
„Ich hätte nie gedacht, was die wirklich von mir wollten“, schluchzt Bianca S., die gerade hochkant aus dem Penny geworfen wurde, weil sie arglos dem Lockruf von Vielfalt, Frische und Qualität gefolgt war. „Ich vertraute denen, hatte tatsächlich geglaubt, es ginge um ,edlen Genuss‘ und ,unverfälschte Produkte im Einklang mit der Natur‘. Von Kartenzahlung, Ratenzahlung oder gar von Geld war nie die Rede gewesen!“ Bis zu dem Moment, an dem es plötzlich ans Abkassieren ging…
Vor Dutzenden anderer Kunden muss sich Bianca S. den demütigenden Fragen der Kassenkraft stellen, sich sogar ins Portemonnaie gucken lassen. Wie üblich herrscht dort Ebbe; prompt wird die Alleinerziehende von der Security vor die Tür gesetzt. „Du zählst als Mensch heute nur noch, wenn du Geld hast“, empört sich die Dreißigjährige mit Tränen in den Augen. „Dass du zwei Kinder großgezogen und jahrelang den U2-Fanclub Hanau geleitet hast, ist in dieser Gesellschaft anscheinend nichts mehr wert!“
So wie Bianca S. geht es vielen, die auf die raffinierten Manipulationen der Nepper reinfallen. Versprochen wird alles Mögliche, doch wenn es um die Einlösung dieser Versprechen geht, wird gnadenlos die Hand aufgehalten. Das war beileibe nicht immer so, wie sich die Verwaltungsangestellte erinnert: „Früher war der Laden um die Ecke ein Treffpunkt für die Nachbarschaft. Da kriegtest du an der Metzgerstheke eine Scheibe Kinderwurst runtergereicht, ohne dass gleich ein Inkassounternehmen mit Prügeln drohte. Heute ist alles nur noch eine einzige riesige Abzocke!“
Systematische Abzocke
Wirtschaftswissenschaftler bestätigen diesen unheimlichen Verdacht. „Menschen, selbst renommierte Firmen, verkaufen Sachen, verticken Zeugs“, sagt Dr. Axel Schmidt von der Ruhr-Uni Bochum nachdenklich. „Sie machen unwiderstehliche Angebote, bei denen wir sofort ,zuschlagen‘ sollen. Doch selten tun die Geschäftemacher dies aus Menschenfreundlichkeit.“ Sondern? „Dahinter steckt meist eiskaltes Gewinnstreben, nackter Egoismus, pure Gier“, hat der Volkswirt beobachtet. „Simple, oft minderwertige Waren sollen in hartes Cash verwandelt werden. Das ist reine Verkaufsmasche – es geht um Geld, um viel Geld!“
Was Verbraucherschützer und eine klüger gewordene Bianca S. systematische Abzocke nennen, wird von den Tätern und ihren Hintermännern immer noch frech als „Einkaufsspaß“ oder „Shoppingvergnügen“ verharmlost. Dass sich die Raffhälse dabei ins eigene Fleisch schneiden könnten, kommt ihnen nicht in den Sinn. „Wenn nicht mehr der Mensch im Mittelpunkt steht, sondern immer nur Kohle, Knete, Kies“, warnt Axel Schmidt eindringlich, „dann macht das auf viele Verbraucher keinen guten Eindruck.“
Wohin so ein Vertrauensverlust führen kann, beweist der Fall Murat F. Ende März wird der 18-jährige Kölner von seinem Radiowecker aus dem Schlaf gerissen. Sofort wird er mit Werbebotschaften bombardiert, von denen sich eine in seinem Bewusstsein festsetzt. Ein lokaler Elektronikshop hat ihm einen USB-Hub mit Bluetooth-Anbindung und Tethering-Optionen schmackhaft gemacht: „Angebot gilt nur heute!“
Wie ferngesteuert fährt Murat F. nach der Arbeit dort vorbei, blättert zähneknirschend einige Scheine hin und stellt zu Hause fest, dass er das Ding gar nicht braucht. Vor lauter Wut wirft er es an die Wand und kann nun nicht einmal von seinem gesetzlichen Umtauschrecht Gebrauch machen. In seiner Ohnmacht beschließt Murat F., nie wieder etwas zu kaufen, außer er braucht es wirklich dringend, zum Beispiel Tiefkühlpizza. Den Schaden aber hat die deutsche Wirtschaft.
„Der Fall Murat F. ist allerdings ziemlich speziell“, erläutert Wirtschaftsexperte Schmidt. „Durch einen seltenen Gendefekt hat Herr F. die ganzen Verbrauchersendungen nicht sehen können, die im Fernsehen vor diesen skandalösen Fallen warnen. Doch auch solches unverschuldete Unwissen nutzen die Ganoven rücksichtslos aus.“
Gerade deshalb aber muss sich unsere Regierung die Frage gefallen lassen, warum sie gegen die Umtriebe nichts unternimmt. Warum entlässt sie die Abzocker aus ihrer Verantwortung, redet das Problem ständig klein, kümmert sich lieber um Flüchtlinge im Mittelmeer? Es kann nicht sein, dass sich die einen nach Strich und Faden ausnehmen lassen müssen – und sich die anderen davon ein Leben in Saus und Braus gönnen. Es wird höchste Zeit, dass wir diese Beutelschneider und Bauernfänger hinter Gitter bringen, notfalls per Gesetz. Wann wacht das politische Berlin endlich auf?
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