Die Union drückt aufs Groko-Tempo: Locken und tadeln
Weder „Bätschi!“ noch „Wird schon“: Merkel gibt als Ziel für die Gespräche mit der SPD eine „stabile Regierung“ aus – also keine Minderheitsregierung.
Was nach Floskel klingt, ist im Kern ein Rauchzeichen an die SPD und deren angeschlagenen Vorsitzenden Martin Schulz. Und es ist das innerparteiliche Stoppzeichen für jene, die versuchen, eine Minderheitsregierung ins Spiel zu bringen. Am Wochenende erst hatte CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn der Bild am Sonntag gesagt: „Wenn es mit der SPD gar nicht geht, machen wir es eben alleine.“ Eine Minderheitsregierung sei zwar etwas „völlig Neues“, müsse deshalb aber nichts Schlechtes sein. Angela Merkel könnte auch solch ein Projekt „mit all ihrer Erfahrung“ erfolgreich führen.
Viele in der Union sehen das anders. Eine Minderheitsregierung nämlich würde Merkel innenpolitisch zwingen, sich für jedes noch so kleine Vorhaben im Parlament eine neue Mehrheit zu organisieren. Und außenpolitisch wäre die international anerkannte Merkel fortan mit wackligem Mandat unterwegs. Auch deshalb setzt sie aktuell alles daran, mit der SPD die Große Koalition neu aufzulegen.
Am Mittwochabend soll es das erste Treffen zwischen Union und Sozialdemokraten geben, um die Möglichkeiten dafür auszuloten. Am Freitag will die SPD-Spitze dann über die Aufnahme von Sondierungsgesprächen entscheiden. Förmliche Sondierungsverhandlungen könnten Anfang Januar starten. Angedacht ist der 6. Januar, nach dem Treffen der CSU-Landesgruppe in Kloster Seeon.
Beim SPD-Parteitag letzte Woche hatte Martin Schulz seiner Basis fest versprochen, ergebnisoffen in diese Gespräche zu gehen. Seitdem hagelt es sowohl Charmeoffensiven als auch Warnschüsse von konservativer Seite. Mal wettert Carsten Linnemann von der Mittelstands-Union: „Wenn der Preis zu hoch ist, dann muss es eine Minderheitsregierung werden.“ Dann wieder lockt Paul Ziemiak von der Jungen Union beim Thema Familiennachzug für Flüchtlinge mit dem Einrichten einer Härtefallkommission.
Die CDU-Chefin legt derweil viel Wert darauf, die Einigkeit der Unionsschwestern in den Vordergrund zu stellen. Der nicht offen ausgetragene Dissens in der Flüchtlingspolitik sei „eine offene Flanke“ gewesen, die zum schlechten Wahlergebnis der Union beigetragen habe, sagt sie. Bei der Diskussion im CDU-Vorstand sei man sich einig darüber gewesen, dass viele Wähler noch nicht von einer gelungenen Ordnung der Migration überzeugt gewesen seien. Merkel fügte hinzu: „Es ist jetzt keine Diskussion über einzelne Personen und auch nicht über mich geführt worden.“
Bei der CSU muss sich erst noch zeigen, ob das alle Beteiligten verstanden haben. Der neue Landesgruppenvorsitzende Alexander Dobrindt erklärt am Montag vor JournalistInnen, unter einer Wiederauflage der Großen Koalition verstehe er weder ein Remake noch eine Patchwork-Lösung. Es gehe um die Beschreibung eines „Zukunftsprojekts“.
Die SPD mahnt Dobrindt, nach ihrem ersten Fehler, dem Gang in die Opposition, nicht den zweiten zu begehen: jetzt zu überziehen. Dass eine Regierungsbeteiligung für die Union „teuer“ werde, wie das Fraktionschefin Andrea Nahles gesagt hat, sei der falsche Ansatz. Auch die Forderung der Sozialdemokraten nach der Bürgerversicherung sei eine Idee aus der „Mottenkiste“. Der Wille bei der CSU zu einer Großen Koalition sei groß, „bei der SPD kann man Zweifel haben“.
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