Die USA unter Trump: „Das größte Comeback aller Zeiten“
Bei seiner ersten Rede vor dem Kongress attackiert Donald Trump die Demokraten und Verbündeten. Auch an Falschbehauptungen mangelt es nicht.
„Wir werden seit Jahrzehnten von nahezu allen Ländern der Erde betrogen und wir werden das nicht länger zulassen“, sagte Trump am Dienstagabend und erklärte, dass die USA vor dem größten Comeback aller Zeiten stünden. „Amerikas Elan ist zurück. Unser Geist ist zurück. Unser Stolz ist zurück. Unser Selbstvertrauen ist zurück. Und der amerikanische Traum wächst – größer und besser als je zuvor.“
Trump hat in seinen ersten 43 Tagen im Amt bereits für radikale Veränderungen gesorgt. Das Versprechen von Ex-Präsident Joe Biden vor etwas mehr als vier Jahren, dass Diplomatie wieder im Zentrum der US-Außenpolitik stehen werde, ist bereits Geschichte. Spätestens seit dem Eklat am vergangenen Freitag, als Trump, US-Vizepräsident J. D. Vance und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Oval Office in einen verbalen Schlagabtausch geraten waren, ist klar, dass auf die USA nur noch bedingt Verlass ist.
Wie es im Ukraine-Krieg nun weitergehen soll, ließ Trump während seiner Ansprache offen. Er machte jedoch klar, dass die USA nicht bereit seien, auf unbestimmte Zeit weitere Milliarden für die Unterstützung der Ukraine auszugeben. „Ich arbeite auch unermüdlich daran, den grausamen Konflikt in der Ukraine zu beenden. Millionen Ukrainer und Russen wurden in diesem schrecklichen und brutalen Konflikt grundlos getötet oder verwundet, und ein Ende ist nicht in Sicht“, sagte er.
Weiteres Signal
Erst am Montag hatten die USA vorübergehend sämtliche Hilfsleistungen an die Ukraine gestoppt. Das Weiße Haus will diese einer Untersuchung unterziehen, um sicherzustellen, dass sie im Einklang mit den Friedensplänen der Trump-Regierung stehen. Für Amerikas Verbündete war das ein weiteres Signal, dass sich Washington immer mehr auf die Seite Russlands und von Präsident Wladimir Putin anstelle seines Verbündeten, der Ukraine, stellen.
Selenskyj, der weiß, dass sein Land die Unterstützung der USA braucht, lenkte am Dienstag ein und erklärte in einem Post auf X, dass er bereit sei, einen 500-Milliarden-Dollar-Rohstoff-Deal mit den USA zu unterzeichnen.
Auch wenn das Thema Außenpolitik erst nach mehr als einer Stunde zur Sprache kam, hatten es Trumps Worte in sich. Er erklärte zum wiederholten Male, dass er die Kontrolle über den Panamakanal zurückholen werde und Grönland ermutige, sich den USA aus Sicherheitsgründen anzuschließen. „Ich denke, wir werden es bekommen – auf die eine oder andere Weise, wir werden es bekommen“, sagte er scherzend.
Als würden Trumps Ukraine-Politik und seine imperialen Bestrebungen nicht schon für genug Unmut sorgen, durfte auch das Thema Zölle nicht fehlen. Wie die verhängten Strafzölle gegen Kanada und Mexiko in dieser Woche gezeigt haben, macht Trump keinen Unterschied zwischen Freund und Feind, um seine wirtschaftlichen Ziele durchzusetzen. „Andere Länder haben jahrzehntelang Zölle gegen uns erhoben, und nun sind wir an der Reihe, diese auch gegen jene anderen Länder einzusetzen“, sagte der Republikaner.
Biden ist schuld
Die zweite Amtszeit von Trump ist bisher eine „America First“-Welle auf Droge. Ob diese Pläne die USA am Ende sicher machen und für einen wirtschaftlichen Aufschwung sorgen, wie er es verspricht, wird sich erst noch zeigen. Für die aktuellen Probleme im Land gab er jedoch mehrere Male seinem Vorgänger die Schuld.
„Wir haben von der letzten Regierung eine Wirtschaftskatastrophe und einen Inflationsalbtraum geerbt. Ihre Politik trieb die Energiepreise in die Höhe, trieb die Kosten für Lebensmittel in die Höhe und machte die Dinge des täglichen Bedarfs für Millionen Amerikaner unerschwinglich“, sagte Trump.
Auch wenn es bereits zu ersten verbalen Konfrontationen zwischen Wählern und republikanischen Politikern bezüglich der aggressiven Vorgehensweise der US-Regierung gekommen ist, so steht die Mehrheit der Trump-Wähler weiterhin hinter ihrem Präsidenten.
Der Rückgang der illegalen Grenzübertritte sowie die Schaffung einer Behörde für Regierungseffizienz (DOGE) wurden von Trump als Erfolge hervorgehoben. Seit seiner Amtseinführung im Januar sind die unerlaubten Grenzübertritte entlang der Südgrenze zu Mexiko um mehr als 90 Prozent gefallen.
„Die Medien und unsere Freunde in der demokratischen Partei sagten immer wieder, wir bräuchten neue Gesetze, um die Grenze zu sichern – aber es es hat sich herausgestellt, dass wir eigentlich nur einen neuen Präsidenten brauchten“, so der 78-Jährige.
Lob für Musk
DOGE habe unter der Führung von Milliardär und Regierungs-Berater Elon Musk bereits Milliarden von Dollar eingespart, erklärte Trump. Die undurchsichtigen und falschen Zahlen, die DOGE bisher veröffentlicht hat, sowie das rechtlich fragwürdige Vorgehen der Behörde hat sogar bei konservativen Wählern Bedenken hervorgerufen.
Auch „Culture War“-Themen sprach Trump an. Unter anderem hat er in seinen ersten sieben Wochen im Amt zwei Anordnungen erlassen, die besagen, dass es in den USA nur noch zwei Geschlechter – nämlich Mann und Frau – gibt. Die Teilnahme von biologischen Männern an Frauensportarten wird verboten.
Für manche Demokraten war die Selbstinszenierung von Trump zu viel des Guten. Der texanische Abgeordnete Al Green wurde bereits zu Beginn der Ansprache aus dem Plenarsaal verbannt, nachdem er Trumps Rede mit Zwischenrufen gestört hatte. Andere Demokraten nahmen erst gar nicht teil oder verließen die Rede vorzeitig.
Viel Fake
Wiederum andere hielten Schilder und Täfelchen mit Slogans wie „Musk Steals“ (Musk stiehlt) oder „False“ (falsch) nach oben, wenn Trump falsche Behauptungen oder Bemerkungen machte. Und davon gab es erneut einige.
Die offizielle Antwort auf Trumps Rede kam von der Senatorin Elissa Slotkin. Die frühere Geheimdienstanalytikerin warnte ihre Mitbürger vor allem vor den möglichen wirtschaftlichen Konsequenzen von Trumps Politik. „Wenn er nicht aufpasst, könnte er uns direkt in eine Rezession führen“, erklärte sie.
Die Demokraten tun sich aktuell jedoch schwer, eine klare und einheitliche Botschaft zu formulieren, um Trumps Politik zu kontern. Trump überzeugte am Ende mit einer Rede, die genau die Themen ansprach, die bei seinen Anhängern und Unterstützern für Euphorie sorgen: Amerika über alles andere.
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