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Die Todesschützen von Anis AmriCola-Flasche mit „Adolf“ beschriftet

Zwei italienische Polizisten, die Anis Amri erschossen, werden in Deutschland nicht geehrt – weil sie rechtes Zeug gepostet haben.

Einer der Beamten veröffentlichte Fotos des faschistischen Führers Benito Mussolini (Symbolfoto) Foto: reuters

Rom taz | Als Helden wurden die beiden Polizisten gefeiert, die am 23. Dezember 2016 im norditalienischen Sesto San Giovanni den tunesischen Terroristen Anis Amri erschossen hatten. Auch aus Deutschland hagelte es Glückwünsche, unter anderen von der Kanzlerin und vom Innenminister. Doch die angedachte Ehrung durch den deutschen Staat fällt aus – beide Beamte fielen mit rechtsextremen Posts im Internet auf.

Luca Scatà, jener Beamte, der Amri mit einem Schuss tödlich verletzte, posierte auf Instagram mit dem zum faschistischen Gruß ausgestreckten Arm. Zudem veröffentlichte er Fotos des faschistischen Führers Benito Mussolini und schrieb, der sei „verraten“ worden. Als Datum des Posts hatte er sich den 25. April ausgesucht, jenen italienischen Feiertag, an dem das Land an die Befreiung von den deutschen Nazis und den Mussolini-Faschisten erinnert.

Cristian Movio, der andere Polizist, nutzte sein Facebook-Profil, um Links von rassistischen Websites, in denen gegen Immigranten gehetzt wird, zu posten. Auch das Foto einer jener Coca-Cola-Flaschen, auf denen der eigene Vorname prangt, fand er so witzig, dass er seine Face­book-Freunde teilhaben lassen wollte. Doch statt seines „Cristian“ zierte der Schriftzug „Adolf“ die Flasche.

Möglich waren die Recherchen der deutschen Behörden, weil der italienische Innenminister Marco Minniti unmittelbar nach dem Schusswechsel, der den Attentäter vom Berliner Weihnachtsmarkt das Leben kostete, die Namen der beiden Beamten öffentlich gemacht hatte.

Profile schon lange offline

Amri hatte seinerzeit von Berlin aus die Flucht über Frankreich nach Italien angetreten und war von den beiden Streifenbeamten bei einer Routinekontrolle gestellt worden. Der 24-jährige Tunesier hatte sofort das Feuer eröffnet und Movio an der Schulter verletzt, ehe er von Scatà erschossen wurde.

Die Social-Media-Profile der zwei Beamten wurden schon wenige Stunden nach dem Schusswechsel von Sesto San Giovanni vom Netz genommen – laut La Stampa Online auf Anweisung des Mailänder Polizeipräsidenten mit den Worten, er habe „die Pflicht, das Ansehen unserer Beamten zu schützen“.

Das war alles bereits im Dezember öffentlich. Aufmerksam darauf wurde die Bevölkerung erst jetzt, nachdem die Nachricht die Runde gemacht hatte, Deutschland nehme von einer Ehrung der Beamten Abstand.

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14 Kommentare

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  • Meine Trauer um Herrn Amri hält sich in starken Grenzen.

  • 2G
    2730 (Profil gelöscht)

    "die ehrung hätte abgelehnt werden müssen, weil die faschistischen schützen einen rechtlich "unschuldigen" getötet haben."

    Geht's noch?

    Lies mal oben nach: "Der 24-jährige Tunesier hatte sofort das Feuer eröffnet und Movio an der Schulter verletzt, ehe er von Scatà erschossen wurde."

    Voll unschuldig, ey...

  • Nach dem äußerst suspekten NSU-Sumpf hier in Deutschland mit seinen rechtsnationalen Verbindungen in welche Ebenen auch immer stellt sich die Frage, ob diese beiden heimattreuen Sicherheitsbeamten nicht auch nur ein kleines Rädchen in einem größeren System sind.

     

    Grade in Verbindung mit dem Umstand, dass an verdammt vielen Anschlagsorten Identifikationspapiere der Terroristen gefunden werden.

     

    Ich will ja nicht spekulieren, doch beim darüber Nachdenken stolpern die Gedanken immer ein wenig ...

    • @Sir Kiebitz:

      Das ist gar nicht so abwegig, dass man Amri gut vorbereitet ins offene Messer hat laufen lassen. Das verkürzte den Prozess. Schnappt ihn, tot oder unlebendig!

  • Da tobt mal wieder die Doppelmoral. Schiesswütige Polizisten, die schnell - vielleicht vorschnell - die Waffe ziehen, sind nicht unbedingt zu ehren. Das gilt auch dann, wenn sie einen Terroristen töten.

    Aber die Ehrung von anderen Faktoren abhängig zu machen, klingt daneben. Wenn ein Mörder, Vergewaltiger oder Neonazi ein Kind vor dem Ertrinken rettet, so ist dies eine gute Tat - egal wie gut oder böse ein Mensch sonst ist.

    • @Velofisch:

      Ohne die Bundesregierung mit Ehr überziehen zu wollen: Was sollte sie denn jetzt anderes tun, als einen Rückzieher zu machen? Ich hätte die Kommentare gern lesen wollen, wenn die doch Geehrten sich hinterher als Neonazis herausgestellt hätten. Für irgendwas sind sie ja doch zu gebrauchen, oder was? Der Fehler der BR war, dass sie vorschnell Glückwünsche ausstellte, ohne die Vita der Schützen zu kennen, aber jeder will ja der Erste sein.

      Der Vergleich mit dem geretteten Kind hinkt, denn hier wäre keiner zu Tode gekommen, aber wenn Neonazis in Uniform töten, liegt der Verdacht nah, sie hätten es vorschnell getan, hätte doch ein Amri auch ein Recht auf einen fairen Prozess gehabt, oder etwa nicht?

  • IRRE...

    die ehrung von polizeilichen todesschützen wird abgelehnt, weil sie sich als neofaschisten gebärden. einer kanzlerin, die sich ihre meriten als fdj-parteisekretärin erworben hat, muss doch irgendwann irgendwer mal das grundgesetz vorgelesen haben - und wenn es nur ein artikel ist: "die würde des menschen ist unantastbar" - das gilt selbst - de maizière mag es kaum für möglich halten - für tatverdächtige - wie amrin -, ja sogar für kriminelle täter. die ehrung hätte abgelehnt werden müssen, weil die faschistischen schützen einen rechtlich "unschuldigen" getötet haben. die macht regiert das recht, das machtwort negiert die gesetze - gratulation zur insolvenz des rechtsstaats unter diesen politischen eliten

    p.s. in ansbach hatte eine ganze sek-einheit keine andere chance, den tatverdächtigen afghanen kampfunfähig zu machen als ihn glatt zu erschiessen - wieso wundern wir uns eigentlich nur über rassismus bei der amerikanischen polizei - die achtung vor dem leben ist in diesen gewaltvollen zeiten in schlechten händen - "lives matter"!

    • @hanuman:

      Haben Sie überlesen, dass Anis Amri das Feuer eröffnet hatte? Wenn ich gerade mit meiner Waffe auf Menschen schieße, wirkt meine "rechtliche Unschuld" wenig überzeugend.

       

      Kann es sein, dass sie den Anschlag in Ansbach verwechseln? Dort gab es keinen SEK-Einsatz. Der Attentäter hat sich mit in die Luft gesprengt.

    • @hanuman:

      Ihr "Tatverdächtiger" verlor seine "rechtliche Unschuld" in dem Moment, als er zur Waffe griff und das Feuer eröffnete, in dessen "rechtlicher Erwiderung" er dann, tödlich getroffen, starb. "IRRE", was? Der Ansbachtäter starb auch während eines direkten Angriffes..."IRRE" -in Ihren Worten-, daß bewaffnete Einheiten reagieren, statt sich umbringen zu lassen. Wer hier "IRRE" ist sollten Sie nochmal reflektieren...

    • @hanuman:

      Sehr richtig. Es gibt keinen Generalverdacht und es gilt auch für Amri die Unschuldsvermutung. Gerade, dass Amri zuerst geschossen hat zeigt doch, dass er sich keiner Schuld bewusst war.

      • @A. Müllermilch:

        Ernsthaft: Der zieht ne Knarre und schießt auf Polizisten und sie werten das als Beleg, dass er nicht schuldig ist?

  • Irgendwie irre immer wieder, da nehmen die nationalfaschistischen 1% von der einen und die islamofaschistischen 1% von der anderen Seite unsere Welt in die Zange und der Rest steht blöd da und fragt sich bestenfalls welche Seite besser ist. So kann das ja nix geben. Wenn die restlichen 98% sich nicht langsam mal besinnen, sehe ich schwarz.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @Mustardman:

      Sind Ihre jeweils 1% nun eher eine optimistische oder eine pessimistische Schätzung?

      • @61321 (Profil gelöscht):

        Konservativ, wie man so schön sagt. Wenn man das auf die beschränkt, die nicht nur reden, aber wahrscheinlich noch übertrieben. Weniger als besoffene Kindertotfahrer auf jeden Fall, so rein statistisch gesehen.

         

        Um so schlimmer, dass die die Politik scheinbar bestimmen dürfen.

         

        Wir sehen uns auf dem Ostermarsch demnächst, hoffe ich!