Die Straße von Hormus: „Nadelöhr des Welthandels“
Die wichtige Meerenge bildet heute das Herzstück der iranischen Strategie, Trumps Politik des „maximalen Drucks“ etwas entgegenzusetzen.
Zum anderen hat der Ort eine strategische Bedeutung wie kaum ein anderer. Ein Drittel des weltweit verschifften Öls kreuzt durch die Meerenge, 90 Prozent des aus den Golfstaaten exportierten Öls.
Derweil lassen die felsigen, unfruchtbaren Küsten die Meerenge wie einen unbedeutenden Landstrich erscheinen. Hitze, Feuchtigkeit und starke Winde führen dazu, dass sie auf beiden Seiten wenig bewohnt ist. Auf der einen erstreckt sich die omanische Enklave Musandam, auf der anderen die iranische Küste. Aber die Straße von Hormus war schon immer ein turbulentes Stück Meer.
Die Ruine eines portugiesischen Forts zeugt von den Versuchen der einstigen Seemacht im 16. und 17. Jahrhundert, ihren Handel gegen Angriffe zu schützen. Auch das Entsenden von Kriegsschiffen war schon lange ein Instrument der europäischen Politik. 1819 wurde das britische Kriegsschiff „Eden“ nach Hormus entsandt, um den Seeweg nach Indien zu schützen.
Die Briten erkannten aber bald, dass sie auch an den Küsten Verbündete brauchten. Sie bauten ein Netzwerk von alliierten Scheichtümern auf, die bei der Bekämpfung der Piraterie halfen. Bis zu ihrem Abzug von der Arabischen Halbinsel 1970 schafften sie es, für relative Ruhe zu sorgen. Doch schon neun Jahre später entstand mit der Islamischen Revolution im Iran ein neuer Unruheherd.
Der Tankerkrieg von 1988
Die USA füllten schnell das vom Ende des britischen Empires hinterlassene Vakuum am Golf. Schnell war auch die sogenannte Carter-Doktrin geboren, die mit einer militärischen Intervention der USA drohte, sollte der Ölfluss am Golf in Gefahr sein. 1987 intervenierte die US-Marine direkt im Krieg zwischen dem Iran und dem Irak. Ein Jahr darauf versenkte das US-Militär im „Tankerkrieg“ iranische Kriegsschiffe.
2012 flammten die Spannungen erneut auf. Der Iran drohte, die Meerenge zu schließen – als Antwort auf Sanktionen, mit denen Teheran dazu gebracht werden sollte, sein Atomprogramm zu überdenken. Der Iran gestattet die Durchfahrt des Schiffsverkehrs entsprechend den Bestimmungen der Seerechtskonvention, auch wenn das Land rechtlich nicht daran gebunden ist, denn Teheran hat das UN-Dokument zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert – genauso wie die USA.
Der iranische Präsident Hassan Rohani hat Bereitschaft zum Dialog mit den USA signalisiert. Als Voraussetzung nannte er am Dienstag die Aufhebung sämtlicher US-Sanktionen, nicht aber, dass die USA zu dem Atomdeal zurückkehren. Außenminister Dschawad Sarif hatte allerdings im Juli ein Angebot abgelehnt, sich mit Trump zu treffen. Sarif bestätigte am Montag entsprechende Berichte.
US-Präsident Trump hat sich für Gespräche mit dem Iran ausgesprochen, verfolgt aber zugleich eine Politik des „maximalen Drucks“ auf Teheran. (afp)
Die Wogen um Hormus glätteten sich, als 2015 der Atomdeal mit dem Iran unterzeichnet wurde. Doch als US-Präsident Donald Trump den Vertrag dann 2018 für null und nichtig erklärte und neue Sanktionen verhängte, wurde es auch in Hormus wieder stürmisch. Die Iraner verfolgen nun eine einfache Taktik: Wenn unser Ölsektor angegriffen wird, dann drohen wir, den Welthandel zu stören. Die Straße von Hormus ist dabei das Herzstück der Auge-um-Auge-Taktik, die der Iran im Juli auch mit dem Aufbringen des britischen Tankers „Stena Impero“ verfolgt hat, nachdem der iranische Tanker „Grace1“ vor Gibraltar von britischen Truppen festgesetzt worden war.
Auf der arabischen Seite des Golfs herrscht indes keine Einigkeit, wie mit dem starken Nachbarn Iran umgegangen werden soll. Der Oman, dessen Enklave Musandam das Küstengebiet der Meerenge von Hormus ausmacht, fährt eine Politik des Ausgleichs mit dem Iran, ebenso wie Katar und Kuwait. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) gehen dagegen auf Konfrontationskurs. Sie hoffen auf Trump, wenn es darum geht, ihren regionalen Erzrivalen Iran einzudämmen.
Teherans Drohungen, die Meerenge zu schließen, machen beide Länder nervös. Saudi-Arabien und die VAE suchen Alternativen, doch die Straße von Hormus zu umgehen, erweist sich als schwierig. Die Emirate haben die Habschan-Fudschaira-Pipeline bauen lassen, doch die Kapazität reicht nicht aus. 90 Prozent des Öls müssen weiter durch die Meerenge verschifft werden. Dass im Hafen von Fudschaira im Mai vier Tanker sabotiert wurden, die ihr Öl dort in die Pipeline gelöscht haben, zeigt, wie verwundbar auch diese Ausweichroute ist.
Noch freie Kapazitäten
Eine weitere Pipeline reicht von den Ölfeldern im Osten Saudi-Arabiens zum Rotmeer-Hafen Janbu. Mit einer Kapazität von fünf Millionen Barrel am Tag ist sie eine der größten Pipelines der Welt. Nach dem erneuten Aufflammen der Spannungen in der Straße von Hormus hat der saudische Energieminister Khalid al-Falih kürzlich angekündigt, die Kapazität in zwei Jahren um 40 Prozent erhöhen zu wollen. Im Moment wird aber nur weniger als die Hälfte der schon heute vorhandenen Kapazität ausgenutzt.
Trotz der Spannungen am Golf ist vor Janbu derzeit kein erhöhtes Tankeraufkommen zu verzeichnen. 90 Prozent der saudischen Ölexporte werden immer noch über Hormus verschifft. Letztendlich ist jedoch auch dieser Weg verwundbar. Im Mai wurde die saudische Ost-West-Pipeline von Drohnen angegriffen. Jemenitische Huthi-Rebellen, die vom Iran unterstützt werden, hatten sich für den Angriff verantwortlich erklärt.
Der Iran hat auch gezeigt, dass sein langer Arm bis zum Bab al-Mandab reicht, einer nur 27 Kilometer breiten Meerenge zwischen dem Jemen und Dschibuti. Mehrmals haben die Huthi-Rebellen bereits dortige Öltanker belästigt. Sollte die Lage am Golf weiter eskalieren, könnte eine noch prekärere Situation entstehen: wenn mit der Straße von Hormus und dem Bab al-Mandab gleich zwei für den Welthandel wichtige Meerengen nicht mehr sicher sind.
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