: Die Retourkutsche
Obwohl viele Geschäfte ihre Produkte großzügig zurücknehmen, haben Kund*innen keinen Rechtsanspruch darauf. Anders sieht es aus, wenn die Waren defekt sind
Von Hannes Koch
Großzügige Zusagen machen inzwischen viele Geschäfte und Onlinehändler. Keine Seltenheit ist es, dass sie Waren, die den Kund*innen nicht gefallen, innerhalb von vier Wochen zurücknehmen. Man kann sich dann aussuchen, ob man die Produkte umtauschen oder den Kaufpreis zurückerhalten möchte.
So manche Konsument*innen gehen davon aus, im Recht zu sein, wenn sie ein solches Entgegenkommen verlangen. Damit liegen sie jedoch falsch. „Immer wieder fragen uns Verbraucher, ob ein Händler einen gekauften Artikel zurücknehmen und das Geld erstatten muss, wenn man ihn kurz nach dem Erwerb zurückbringt“, heißt es bei der Verbraucherzentrale Hamburg. „Die Antwort lautet: Nein.“
„Ein Rücktritts- oder Widerrufsrecht gibt es für Kunden beim Kauf im Ladengeschäft grundsätzlich nicht“, erklären die Verbraucherschützer*innen. Grundsätzlich gelte die Regel „Vertrag ist Vertrag“. Deswegen existiert auch keine Anspruch darauf, den Kaufpreis erstattet oder einen Gutschein ausgehändigt zu bekommen. Wenn Geschäfte das machen, dann freiwillig und aus Kulanz. Ausnahme: Nach einem Kauf im Internet, per Katalog oder Telefon kann man die Produkte ohne Begründung innerhalb von 14 Tagen zurückschicken.
Anders sieht es dagegen aus, wenn sich Waren nach dem Kauf als defekt erweisen. Dann „haben die Verbraucher weitreichende Rechte“, so die Verbraucherzentrale Hamburg. Das Bürgerliche Gesetzbuch schreibt eine Frist für die Gewährleistung von 24 Monaten vor. In dieser Zeit nach dem Erwerb eines Produktes hat die jeweilige Firma grundsätzlich die Pflicht, Mängel zu beheben, die beim Kauf bereits vorhanden waren.„Zunächst haben Sie im Rahmen der Gewährleistung die Möglichkeit, zwischen einem neuen Gerät und einer Reparatur des alten Gerätes zu wählen“, erklärt der Berliner Rechtsanwalt Thomas Hollweck. „Sie als Kunde haben dabei die freie Wahl. Selbst wenn der Verkäufer sagt, dass nur eine Reparatur möglich ist, so sollten Sie sich darauf nicht einlassen.“
Während des ersten halben Jahres haben die Verbraucher besonders gute Karten. „Innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Kauf muss der Verkäufer nachweisen, dass der Mangel nicht beim Kauf vorlag, sondern durch den Nutzer verursacht wurde“, sagt Hollweck. Das ist oft schwierig. Die Käufer erhalten deshalb in vielen Fällen ein gleichwertiges Ersatzprodukt. Oder der Verkäufer repariert den Schaden auf eigene Kosten. Das gilt aber nicht, wenn der Kunde den neuen Laptop etwa auf dem Balkon im Regen liegen gelassen hat. Das ist dann sein eigener Fehler, den ihm der Verkäufer wahrscheinlich auch nachweisen kann.
Nach einem halben Jahr kehrt sich die Beweislast um. Nun muss der Käufer nachweisen, dass der Defekt nicht auf unsachgemäßen Gebrauch zurückzuführen ist, sondern schon beim Kauf vorhanden war – ein oft schwieriges Unterfangen. Häufig kommt es deshalb zu Rechtsstreits. In vielen Fällen hat man Glück, wenn der Verkäufer auf Kulanzbasis zu einem Kompromiss bereit ist.
Die sogenannte Garantie ist entgegen weit verbreiteter Meinung nicht gesetzlich geregelt. Damit sichern die Unternehmen Leistungen zu, die sie nicht bieten müssten. „Garantie übernehmen die Unternehmen freiwillig“, so Anwalt Hollweck, „die Verbraucher sollten deshalb genau lesen, beispielsweise auf welche Teile eines Gerätes sich die Garantie bezieht.“ So ist es bei manchen Elektronikhändlern inzwischen üblich, dass schadhafte Geräte im ersten Jahr relativ unproblematisch ersetzt werden.
Spezielle Regelungen gelten für den sogenannten Fernabsatz, beispielsweise Käufe im Internet oder per Katalogbestellung. Weil die Verbraucher die Produkte vor dem Kauf nicht in der Hand halten können, gibt es eine gesetzliche Widerrufsfrist von 14 Tagen. In diesem Zeitraum kann man die Produkte ohne Angabe von Gründen zurücksenden und hat Anspruch, das Kaufpreis erstattet zu bekommen.
Dies muss man dem Verkäufer allerdings auch mitteilen, beispielsweise per E-Mail. Manche Firmen nehmen sich diese Online-Rückgabefrist auch zum Vorbild für ihren stationären Geschäfte.
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